c't 21/2016
S. 3
Editorial
Ingo T. Storm

Blink für mich!

Auf der Eurobike gab es einen Fahrradhelm zu sehen, in den Blinker eingebaut sind. Tolle Idee! Mit einem Schönheitsfehler: Die Blinker werden über einen Schalter am Lenker bedient. Manuell! Wie soll man da rankommen, während man in der einen Hand das Smartphone hält und mit der anderen einen Pokéball auf Taubsi wirft?

Nein, das muss schon automatisch passieren. Da Bluetooth bei dem Helm schon eingebaut ist, hält sich der Aufwand in Grenzen: Das Smartphone weiß ja schließlich, wo ich hinfahren will und kann ganz allein blinken oder bremsen, während ich mich auf die schönen Dinge des Lebens konzentriere. Oder auf die Autos, die mal wieder den Radweg zuparken. Ach ja, bei der Gelegenheit könnte der Helm natürlich gleich ein Bremslicht eingebaut bekommen.

Im Auto ließe sich das Prinzip natürlich auch umsetzen. Das Bremslicht ist schon da, prima. Aber mindestens 50 Prozent der Autofahrer sind vom Blinken dermaßen überfordert, dass eine Blinkautomatik die Verkehrssicherheit immens erhöhen könnte. Viele moderne Autos erkennen Verkehrsschilder, insbesondere Tempolimits. Warum sollten sie also keine Ampeln finden und nach Gelb-Phasen Ausschau halten? Der Wagen könnte dann automatisch Gas geben, wenn er sich einer gelben Ampel nähert. Die Hupe kommt automatisch zum Einsatz, wenn der Depp vor mir anzuhalten droht. Andersrum funktioniert das natürlich auch: Wenn die Kameras eine Streife oder einen Blitzer erkennen, geht das Auto vom Gas. Und wenn jemand versucht, einen Zettel unter den Scheibenwischer zu klemmen, geht die Scheibenwaschanlage an.

Doch damit nicht genug. Mir fallen noch viele Automatismen ein, die eine intelligente Autosteuerung übernehmen könnte. Lichthupe und Blinker an, wenn jemand die linke Spur blockiert. Und den künstlichen Stinkefinger ausfahren, wenn mich jemand rechts überholt. Nach rechts darf man den Stinkefinger ruhig zeigen, hat Vizekanzler Gabriel schließlich gesagt. Dann noch das Radio lauter drehen, wenn der Beifahrer meinen Fahrstil kritisiert.

Zurück zur Realität: Das wird wohl alles ein Traum bleiben. Neulich saß ich in einem Mercedes S 500. Listenpreis ab 107.000 Euro. Als wir losfuhren, beschwerte sich der Bordcomputer, dass die Insassen auf der Rückbank nicht angeschnallt seien. Da saß aber niemand. Eine Jacke und ein kleiner Rucksack reichten aus, um die Warnung auszulösen. Bis auf Weiteres bleibt es wohl dabei, dass der Fahrer wissen muss, was er tut. Und das ist auch gut so.

Unterschrift Ingo T. Storm Ingo T. Storm

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