c't 20/2016
S. 20
Test
Kaufbutton Amazon Dash
Aufmacherbild

Schnellkaufknopf

Amazon Dash seziert

Der Kaufknopf Amazon Dash stellt den aktuellen Höhepunkt im „Alles muss immer einfacher werden“-Rennen der Dotcom-Größen dar. Das mit WLAN, Bluetooth und Mikrofon ausgestattete Gerät bestellt per Knopfdruck ein fest vorgegebenes Produkt – mehr nicht. Es sei denn, man trickst.

Selten hat ein so unscheinbares 5-Euro-Gerätchen für so viel Furore gesorgt wie Amazons Kaufknopf Dash – auch in der c’t-Redaktion. „Ist da echt ein Mikrofon drin? Zum Abhören?“ „Das braucht doch kein Mensch!“ „Wenn ich mir so ein Ding an die Waschmaschine klebe und mein Kind drückt da fünfmal drauf, kriege ich dann echt fünfmal Waschpulver geliefert?“ „Kann man damit auch andere Sachen machen als Zeugs zu kaufen?“ Grund genug, sich den Dash-Knopf einmal genauer anzusehen.

Als Amazon Dash am 31. März 2015 angekündigt wurde, glaubten viele an einen verfrühten Aprilscherz: Verkauft das Unternehmen wirklich ein WLAN-Gerät, das nichts anderes macht, als ein fest vorgegebenes Produkt zu bestellen? Ja, das tut es; und der Ansatz ist zutiefst amerikanisch: Convenience, also Bequemlichkeit, ist seit jeher ein in der US-Kultur tief verankertes Konzept. Wenn ein Produkt das Leben ein ganz kleines bisschen einfacher macht, rücken Müllvermeidung und Energieeffizienz in den Hintergrund.

Hat man den Knopf gedrückt, poppt auf dem Smartphone eine Benachrichtigung auf.

So wie eben bei Dash: Im Klingelknopf-großen Gerät steckt eine konventionelle AAA-Batterie, die sich nicht austauschen lässt, ohne den Kaufknopf zu zerstören. Laut Amazon hält die Batterie tausend Tastendrücke lang. Die Rückseite des Dash-Buttons ist selbstklebend, damit man ihn in der Nähe des zu bestellenden Verbrauchsmaterials platzieren kann – also zum Beispiel neben die Waschmaschine. Drückt man drauf, bestellt Dash über WLAN neues Pulver – die Übermittlung dauerte im Test acht Sekunden. Die 4,99 Euro Kaufpreis für den Knopf werden bei der ersten Bestellung über Dash verrechnet. Außer für Waschpulver gibt es Dash-Knöpfe für Toilettenpapier, Tierfutter, Knete, Kondome und etliches anderes.

Hat man die Smartphone-Benachrichtigungen aktiviert, wird man von der Amazon-App über den Bestellvorgang informiert. Stornieren kann man so lange, bis die Order bearbeitet ist. In unserem Test hieß es bereits nach 30 Minuten: „Versand in Kürze. Die Stornierung ist nicht garantiert.“. Mehrfachbestellungen sind standardmäßig deaktiviert – man bekommt also keine Lkw-Ladung Waschpulver geliefert, wenn das Kind ein wenig zu innig mit dem Dash-Button gespielt hat.

Wozu das Mikrofon?

Einrichten lässt sich der Kaufknopf ausschließlich mit iOS- oder Android-Smartphones, mit Tablets klappte es im Test nicht. Außerdem muss zwingend die Amazon-App installiert sein. Im „Mein Konto“-Menü lässt sich das Gerät erstaunlich schnell und einfach einrichten: Dash-Gerät auswählen, WLAN-Passwort eingeben und Produkt-Variation auswählen (zum Beispiel Color- oder Vollwaschmittel), schon ist der Knopf scharfgeschaltet. Es lassen sich nur Produkte der auf dem Dash aufgedruckten Marke bestellen – man kann also mit einem Waschpulver-Knopf kein Hundefutter kaufen. Im Netz finden sich jedoch etliche Python-Skripte, die den Amazon-Knopf zum universellen Internet-of-Things-Drücker umbauen (den Amazon in den USA für 20 US-Dollar verkauft).

Zum Kasten: Verbraucherschützer verdammen Dash

In der Praxis funktioniert der Dash-Hack so: Nach der Einrichtung wählt man einfach keine Produktvariante in der Amazon-App aus – so übermittelt der Knopf zwar Datenpakete an Amazon, diese werden aber nicht verarbeitet. Ein zum Beispiel auf einem Raspi laufendes Python-Skript horcht parallel, ob Pakete mit der MAC-Adresse des Knopfs auflaufen; und löst dann eine beliebige Aktion wie zum Beispiel ein IFTTT-Skript oder einen Schaltbefehl für eine Lampe aus (mehr darüber demnächst in c’t).

Das Dash-Gehäuse ist verklebt; um die AAA-Batterie auszutauschen, muss man den Kaufknopf zerstören.

Bei Einrichtung kommuniziert das Smartphone standardmäßig per Bluetooth mit dem Dash-Knopf. Klappt das nicht – zum Beispiel weil Bluetooth deaktiviert ist –, nutzt Amazon unter Android und iOS unterschiedliche Fallback-Methoden. Verwendet man ein Android-Smartphone, spannt der Kaufknopf kurzzeitig einen WLAN-AP auf, in den sich das Handy einwählt und die erforderlichen Daten abkippt. Anschließend verbinden sich Knopf und Smartphone wieder mit dem „echten“ WLAN. Kurioser ist der iOS-Fallback: Das iPhone piepst die Daten hochfrequent (wir haben Signale im Bereich von 17 bis 18 kHz gemessen) ins Dash-Mikrofon. Indizien, dass das Mikrofon auch noch für andere Zwecke verwendet wird, haben wir nicht gefunden. Netzwerkaktivität stellten wir nur fest, wenn der Knopf gedrückt wurde. Alle Nutz-Datenpakete waren per TLS 1.0 gesichert. Neben einem ARM-Mikrocontroller und einem WLAN-Chip von Atmel stecken ein Bluetooth-LE-Modul von Cypress sowie 32 MBit-Micron-Flash im Drücker.

Fazit

Der Dash-Button ist ein kurioses Gerät, über den nicht nur Verbraucherschützer (siehe Kasten rechts) den Kopf schütteln. Bequem ist er aber zweifellos: Wenn man beim Blick in die leere Waschmittelbox einfach nur einen Knopf in Griffnähe drücken muss, statt einen mentalen Einkaufslisteneintrag vorzunehmen, spart das tatsächlich ein Fünkchen Arbeit. Ob man für die Befriedigung des inneren Faultiers seine Verbrauchsgüter ausschließlich bei Amazon bestellen will, muss jeder für sich entscheiden. In Sachen Technik haben wir dem Dash-Button jedenfalls außer der fest verbauten Batterie nichts vorzuwerfen. Und wer keine Lust auf Amazon-Bestellungen hat, kann das Gerät ja immer noch als preisgünstigen WLAN-Universalknopf verwenden. (jkj@ct.de)