c't 18/2016
S. 38
Prozessorgeflüster
AMD Zen

Prozessorgeflüster

Von Rauch- und anderen Zeichen

Intel hält seine Entwicklerkonferenz IDF ab, aber im Vorfeld sprechen alle von AMDs Zen. Und irgendwas kann mit Intels Xeon Phi nicht stimmen, wie man den Worten des Cray-Chefs Ungaro entnehmen kann; Supercomputer-Konkurrent SGI gibt als eigenständige Firma gar ganz auf.

AMDs letzte Quartalszahlen Ende Juli waren mit 9 Prozent höherem Umsatz gegenüber dem Vorjahresquartal besser, als viele gedacht hatten. Der Sektor „Computing and Graphics“ hat dabei auch wieder zugelegt, wiewohl er operativ immer noch mit 81 Millionen Miesen zu Buche schlägt. Das konnte der SoC-Bereich, der vor allem von den Chips für die Spielkonsolen von Microsoft und Sony getragen wird, aber mehr als kompensieren. Und dank der Lizenzgebühren aus dem Joint Venture mit Nantong Fujitsu Microelectronics floss dann endlich auch mal wieder netto ein Plus von 69 Millionen Dollar in die Kassen. Das trieb den Aktienkurs in lange nicht gesehene Höhen.

Und es geht gut weiter. Erste Benchmarkergebnisse von der nächsten Prozessorgeneration Zen (Summit Ridge) mit acht physischen Kernen machen die Runde. Unter dem Profilnamen Michael Yuang Feng hat jemand netterweise Benchmark-Werte von „Ashes of the Singularity“ von einem Zen-Entwicklermuster mit 2,8 GHz Takt (3,2 GHz im Turbo) im Zusammenspiel mit einer Radeon RX 480 online gestellt. Im Vergleich zu anderen Prozessoren bei gleichem 1080p-Preset schlägt sich der noch nicht allzu hoch getaktete Musterchip nicht schlecht: mit 58 fps ist er etwa 10 Prozent schneller als der Core i5-4670K. An die 65 fps des Core i7-4790 kommt er aber nicht ganz heran. Den betagten AMD FX-8350 lässt er hingegen um fast 40 Prozent hinter sich. Und wenn man das alles mal auf vielleicht 4 GHz Takt hochrechnet …

Eine durchgesickerte Roadmap zeigt erste Hinweise auf die für 2017 geplanten Zen-APUs mit der nächsten GPU-Generation.

Im Forum von semiaccurate.com ist zudem eine neue AMD-Roadmap zu kommenden Prozessoren mit integrierter Grafik (APUs) aufgetaucht. Auf ihr findet man zum einen die Bestätigung der kleinen, mobilen Version von Bristol Ridge namens Stoney Ridge, die man schon vor einigen Wochen auf Acer- und HP-Webseiten mit Versionen von bis zu 2,9 GHz (3,5 im Turbo) vorgefunden hatte. Die „steinigen Bergrücken“ besitzen zwei Excavator- und zwei oder drei GCN-Kerne, steuern aber nur einen Speicherkanal an. Doch wie es ausschaut, nutzen viele Notebook-Hersteller eh nur einen Speicherkanal – der große Bruder Bristol Ridge mit seinen zwei Kanälen läuft dann hier unter Wert.

Spannender sind die Einzelheiten, die die Roadmap für die Zen-APUs bereithält, also für die nächste Prozessorgeneration mit integrierter Grafik. Leider steht dabei die Jahreszahl 2016 nicht mehr über den Chips mit 14-nm-Technik. Raven Ridge, wie die Zen-APU heißt, soll mit vier Zen-Kernen sowohl bei den Notebooks als auch bei den Desktop-PCs aufwarten. Hinzu kommen bis zu zwölf Shader-Kerne der nächsten Grafik-Version, das dürfte wohl Polaris sein. Während die – konfigurierbare – TDP der Stoney Ridge-APUs gemäß dieser Roadmap bei 10 Watt losgeht, fängt es bei Raven Ridge bereits bei 4 Watt an. Falls das stimmt, will AMD damit vermutlich einen neuen Vorstoß in das Segment der (Windows-)Tablets und Tablet-Notebook-Hybriden wagen, für den Intel den Core m und im Billigsegment Atom beziehungsweise Celeron N verkauft.

Bei den Desktop-Versionen mit AM4-Sockel hilft hingegen der Promontory-Chipsatz mit, der bereits USB 3.1 Gen 2 haben könnte, also SuperSpeed+.

Intels leidende Partner

Zu den wichtigen AMD-Partnern gehört Hewlett-Packard, sowohl HP Inc. als auch HP Enterprise. Letztere hat sich derweil das einverleibt, was von SGI übrig blieb. Gerade mal 275 Millionen Dollar mussten sie dafür bezahlen. Bei einem Jahresumsatz von zuletzt 533 Millionen dürfte das kein schlechtes Geschäft für HPE sein – wenn man das mal mit dem Softbank-ARM-Deal vergleicht, wo der Kaufpreis beim phänomenalen 24-Fachen des Jahresumsatzes lag.

SGI hatte Exascale-Systeme mit Xeon Phi für 2018 versprochen – ob das jetzt HPE einhält?

Rackable Systems, einst Haus-und-Hof-Server-Lieferant von Amazon, Google und Microsoft, hatte SGI 2009 aus der Konkursmasse für 42,5 Millionen Dollar herausgekauft und dann den Namen für die ganze Firma übernommen. Die alte SGI war fürderhin für die HPC-Sparte zuständig, hatte mit ihrem NUMAlink vor allem große SMP-Systeme im Angebot. Mit der SGI ICE XA war man aber auch im Xeon-E5-2600-Geschäft. Als letztes Mitglied kam auf der ISC16 die IP-143CS mit vier Xeon-Phi-Knoten hinzu. Ab und an gab es auch einen größeren Design-Win im Supercomputer-Bereich, zuletzt im Januar 2016 die Bestellung des 5,3-PFlops-Systems Cheyenne für das National Center for Atmospheric Research. Zudem hat SGI traditionell sehr gute Kontakte zum amerikanischen Militär und zu anderen speziellen Diensten wie der NSA – alles Sachen, an denen HPE Interesse haben dürfte.

Wie sehr Intels Verzögerungen beim Xeon Phi SGI geschadet haben, kann man nur vermuten. Denn SGI wollte ja eigentlich zusammen mit Intel schon in zwei Jahren mit Exascale-Systemen auftrumpfen – das hatten jedenfalls SGI-Chef Mark Barrenechea und Intels damaliger Server-Chef Kirk Skaugen auf der ISC 2011 in Hamburg großspurig angekündigt. Beide Manager haben die Firmen aber inzwischen verlassen.

In der Zwischenzeit begann der Siegeszug des SGI-Konkurrenten Cray, der später in Schieflage geriet. Ältere c’t-Leser erinnern sich vielleicht noch, dass Cray dann Mitte der 90er-Jahre von der damals gut situierten Workstation-Firma SGI übernommen wurde, wenige Monate bevor der legendäre Seymour Cray bei einem Autounfall starb. Ein paar Jahre später wurde Cray dann weiterverkauft – das hätte SGI wohl eher nicht machen sollen.

Zwar noch nicht ganz auf Exascale-Niveau, aber immerhin mit bis zu 450 PFlops sollte der vom Argonne National Laboratory bei Cray bestellte Aurora im Jahre 2018 aufwarten – wenn denn die 10-Nanometer-Version „Knights Hill“ von Intels Xeon Phi bis dahin fertig ist. Danach sieht es aber ganz und gar nicht aus. Glücklicherweise ist aber schon Plan B im Vertrag enthalten: Vorläufig bestückt mit dem aktuellen Knights Landing soll Aurora dann auf immerhin 180 PFlops kommen.

Das wäre machbar, doch jetzt traten unerwartete Schwierigkeiten auf. Ein Rauchschaden in der Fertigung in Wisconsin hat laut Cray fünf Systeme betroffen, die dort vor der Auslieferung an Kunden geprüft wurden. Die reinen Hardwareschäden übernimmt wohl die Versicherung, aber die Verträge mit den Kunden sind in Gefahr.

Der letzte Quartalsumsatz lag bei Cray um satte 46 Prozent unter dem des Vorjahresquartals, und CEO Peter Ungaro musste im Conference Call zudem erklären, dass man noch erhebliche Probleme mit Xeon Phi habe: „Bei Knights Landing arbeiten wir weiterhin an technischen Problemen, die die Performance und darüber hinaus die Zeitplanung beeinflussen können, insbesondere, wenn wir zu großen Systemen skalieren.“ Welche „Issues“ das sind, verriet er indes nicht. Unmittelbar nach der Bekanntgabe der Quartalszahlen sank Crays Aktienkurs von 32 auf 22 Dollar. Das Ganze wirft ein schlechtes Licht auf Intel. (as@ct.de)