c't 14/2016
S. 42
News
Spielemesse E3
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Die große Trailer-Show

Spiele von der E3-Messe in Los Angeles

Der bevorstehende Wechsel in die Virtual Reality führt bei den großen Publishern leider nicht zu dem gewünschten Ideenfeuerwerk. Sie bereiten sich auf das künftige 4K-Rendering der Konsolen vor.

Dass die E3 den Spielemarkt nicht mehr richtig abbildet, ist kein Geheimnis mehr – Mobil- und Indie-Titel zum Beispiel muss man auf der Spielemesse in Los Angeles mit der Lupe suchen. Dieses Jahr blieben zudem große Hersteller wie Activision und Electronic Arts (EA) dem Messegelände fern. EA veranstaltete ein paar Straßen weiter eine eigene Veranstaltung namens EA Play, zu der auch normale Gamer geladen waren.

Ohne EA, Activision & Co. war es im Los Angeles Convention Center deutlich leerer. Trotzdem bleiben die offiziellen Zahlen mit 50 300 Fachbesuchern (2015 waren es 2000 mehr) weitgehend stabil. Aber noch nie wurden auf der E3 so wenige Spiele live gezeigt. EA begnügte sich auf seiner vorgeschalteten Pressekonferenz oftmals mit Video-Trailern oder Making-of-Filmen ohne echte Spielszenen – wie im Fall „Mass Effect: Andromeda“ und kommenden Star-Wars-Titeln. Spielbar waren immerhin das im Herbst erscheinende FIFA 17 mit neuem Storymodus, Battlefield 1 mit 64 Spielern im Ersten Weltkrieg und das schnelle und spaßige Titanfall 2, das eine Solo-Kampagne bekommt.

Das wohl schönste Spiel der Messe: Nintendos riesiges „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“ konnte man 30 Minuten ausprobieren.

Gegen den Trailer-Trend sträubte sich Nintendo. Die Japaner konzentrierten sich auf ihr kommendes Zelda-Abenteuer „Breath of the Wild“, das im nächsten Jahr für die Wii U und deren Nachfolgekonsole (Codename NX) erscheinen soll. Auf dem Stand konnte man es eine halbe Stunde lang antesten. „Breath of the Wild“ wird ein riesiges Open-World-Spiel, das es locker mit Rollenspiel-Schwergewichten wie Skyrim, The Witcher oder Fable aufnehmen soll – inklusive Tag- und Nachtzyklen sowie Wetterwechsel. Statt aber düstere Kämpfe mit viel Pixelblut zu zeigen, verleiht Nintendo der Grafik einen familienfreundlichen Cel-Shading-Look. Im Mittelpunkt stehen neben der Erkundung der riesigen Welt die von der Serie bekannten Puzzles und fordernden Kämpfe.

Xbox in 4K

Nein, das ist keine weiße Playstation 4, sondern die im August auf den Markt kommende Xbox One S.

Microsoft demonstrierte mit Xbox Play Anywhere plattformübergreifende Titel mit bis zu vier Spielern gleichzeitig auf Windows-10-Rechnern, Xbox One und Surface-Tablet. Als erster Titel soll der Japan-Shooter „Recore“ Play Anywhere unterstützen. Er erscheint am 13. September. Käufer der digitalen Download-Version können diese sowohl auf der Xbox One als auch auf Windows-10-Rechnern spielen. Die Speicherdaten und Trophäen werden über das Nutzerkonto in der Cloud übertragen. Microsoft will dieses plattformübergreifende Konzept künftig für alle eigenen Xbox-Spiele nutzen, sodass „Gears of War 4“, „Forza Horizon 3“ und das Piraten-Abenteuer „Sea of Thieves“ ebenso auf Windows-10-Rechnern laufen wie auf der Konsole.

Im August löst Microsoft letztere durch ein kompakteres Modell ab. Obwohl die Xbox One S nun auch ihr Netzteil im Gehäuse beherbergt, ist sie um 40 Prozent geschrumpft. Zudem kann sie Ultra-HD-Filme in 4K abspielen, entweder von Streaming-Portalen wie Netflix oder Amazon oder von ihrem eingebauten UHD-Blu-ray-Laufwerk. Von dem hohen Kontrastumfang (High Dynamic Range) sollen neben Filmen auch einige Spiele profitieren, die aber weiterhin nur in FullHD gerendert werden. Die Preise der weißen Xbox One S schwanken je nach Festplattengröße (500 GByte bis 2 Terabyte) zwischen 300 und 400 Euro.

Echtes 4K-Rendering in Spielen verspricht Microsoft erst für Ende nächsten Jahres, wenn die Xbox One „Scorpio“ auf den Markt kommen soll. Dazu wollen die Redmonder die Leistung der Grafik-Einheit auf 6 TFlops hochschrauben. Das ist rund viermal so viel wie die der aktuellen Xbox One und entspricht in etwa einer 800-Euro-Grafikkarte GeForce GTX 1080. Die Transferrate klettert von 70 GByte/s auf 320 GByte/s. Keine Infos gab es zur CPU und zum Speicherausbau. Diese könnten unverändert bleiben, denn Scorpio soll keine neue Konsolengeneration einläuten. Die Spiele bleiben komplett zur alten Hardware kompatibel. Sony plant zwar ein ähnliches Update für die PS4, veröffentlichte zu seinem „Project Neo“ aber noch keine Zahlen.

Playstation VR startet

Während Microsoft die Xbox One erst im nächsten Jahr mit der Scorpio-Konsole fit für VR machen will, fängt Sony damit bereits am 13. Oktober an. Dann soll die Playstation VR für die PS4 in den Handel kommen. Der nackte VR-Helm kostet 400 Euro; für 100 Euro mehr bekommt man die nötigen beiden Move-Controller und eine Playstation-Kamera mit dem Spiel „VR Worlds“ im Paket noch dazu.

Neben den wenigen Starttiteln (etwa der Mech-Shooter „Rigs“ und eine VR-Portierung von „Super Stardust“) versprach Sony 50 VR-Titel, die bis zum Jahresende folgen sollen. Darunter ist auch die aufwendige Eigenentwicklung „Farpoint“, in der der Spieler eine fremde Planetenoberfläche in einem Raumanzug erkundet und dabei auf Alien-Monster stößt.

Doch da bis Jahresende zu wenige neue VR-Titel bereitstehen, wollen die Hersteller die Lücke mit Portierungen und Zusatz-Missionen bekannter Desktop- und Serien-Spiele füllen. So plant EA eine Zusatzepisode für Star Wars Battlefront, in der man einen X-Wing in VR fliegen kann. Warner lässt Spieler in „Batman Arkham VR“ düstere Räume mit den Gadgets des dunklen Ritters untersuchen und Ubisoft bittet in „Star Trek: Bridge Crew“ bis zu vier Spieler gemeinsam auf eine Raumschiffbrücke, um dort Kontrollbildschirme zu bedienen – leider nicht auf der Enterprise, sondern nur auf der USS Aegis.

Gruselige VR-Portierungen

Für 2017 planen Capcom und Bethesda komplette VR-Umsetzungen von „Resident Evil 7“, „Fallout 4“ und „Doom“. Erste Demos konnten auf der E3 aber noch nicht überzeugen. Capcom schickte Spieler zwar mit einer Taschenlampe bewaffnet in ein wunderbar gruseliges, düsteres Haus, ließ sie sich aber mit dem Analogstick eines Gamepads in althergebrachter Weise umherbewegen, wovon uns unter dem VR-Helm bald übel wurde.

Bethesda ist sich des Bewegungsproblems in VR bewusst und ließ Spieler in „Fallout 4“ immerhin mit der HTC Vive von einem Ort zum nächsten teleportieren. In der einen Hand die Pip-Boy-Menü-Auswahl und in der anderen den Teleport-Pointer konnte man aber längst noch nicht mit allen Objekten der sonst so lebendigen Spielwelt interagieren. „Doom“ verkam gar zur reinen Schießbude, in der der Spieler einfach stehen bleibt und sich angreifender Wellen von Dämonen erwehren muss. Ähnlich vereinfachen will auch Croteam die geplante VR-Version von „Serious Sam“.

Nach „Edge of Nowhere“ entwickelt Insomniac mit „Feral Rites“ bereits den zweiten VR-Exklusivtitel für die Oculus Rift.

Besser gefiel uns da schon „Feral Rites“, das Insomniac Games exklusiv für die Oculus Rift entwickelt. Hier blickt man von schräg oben auf eine Urwaldszene, in der ein Häuptlingskind die Mörder seines Vaters finden möchte und sich unterwegs in allerlei Tiere zu verwandeln lernt. In einer Mischung, die optisch an God of War und Lucas-Arts-Adventures erinnert, bleibt man von Kamerafahrten verschont und blickt aus festen Positionen auf die Level-Abschnitte.

Fortsetzung folgt

Neben den VR-Entwicklungen scheuen nach wie vor viele Hersteller Experimente und konzentrieren sich auf bewährte Konzepte. So will Ubisoft am 15. November „Watch Dogs 2“ veröffentlichen. Die Fortsetzung soll keine so düstere Stimmung mehr verbreiten wie der Vorgänger und verlegt die Handlung von Chicago ins sonnige San Francisco. Dort schlüpft der Spieler in die Rolle eines Hackers, der gegen Datendiebe und korrupte Politiker vorgeht. Die komplette Bay Area wurde mit dem Silicon Valley sehr authentisch nachgebaut, wenngleich es manche Wohnviertel nicht ins Spiel geschafft haben und die Designer etliche Straßen verbreiterten, um das Autofahren zu erleichtern. Auf Knopfdruck kann man im Spiel mit anderen menschlichen Agenten mühelos Online-Teams bilden.

Am 21. Oktober will Firaxis mit „Civilization VI“ seine Strategiereihe fortsetzen. Augenfälligste Neuerung ist die bunte Grafik. Sie soll laut der Entwickler die Übersicht verbessern, wurde von einigen Fans jedoch als übertrieben cartoonmäßig kritisiert. Neben geplanten Tag- und Nachtwechseln soll vor allem der Städtebau vergrößert werden. Die Metropolen werden in Distrikte unterteilt und nehmen nun mehrere Kacheln ein. Besondere Weltwunder wie die Pyramiden lassen sich nur noch auf speziellen Geländefeldern (Wüste) errichten. Außerdem soll Civ VI die sozialpolitischen Grundsätze aus den beiden vorigen Erweiterungen „Gods & Kings“ und „Brave New World“ übernehmen. Dank Coop-Modus können Spieler künftig ihr Reich auch gemeinsam regieren, statt sich nur gegenseitig zu bekriegen. (hag@ct.de)