c't 14/2016
S. 57
Kurztest
Geometrie- und Zeichen-App

Geometrie zum Anfassen

Die iOS-App iOrnament erklärt die mathematischen Gesetzmäßigkeiten hinter Ornamenten. Auf der Zeichenfläche der App kann man diese faszinierenden geometrischen Muster selbst gestalten.

Aufmacherbild

Ornamentgruppen sind ein Gebiet der Geometrie. Ornamente finden sich beispielsweise auf Fliesen oder in den Bildern des niederländischen Künstlers M. C. Escher. Der Wissensteil dieser App macht neugierig auf die Mathematik hinter den regelmäßigen, endlos fortsetzbaren Mustern und erklärt die Rolle von Verschiebung, (Gleit-)Spiegelung und Drehung bei deren Entstehung.

Die Erklärungen sind in deutscher und englischer Sprache verfasst. Gleich daneben lässt sich das Dargestellte ausprobieren: Hier kann man Spiegelachsen und Drehpunkte identifizieren, Muster scheren oder stauchen und erste eigene Ornamente zeichnen. Chinesische, maurische, persische und ägyptische Ornament-Beispiele runden den Theorie-Teil ab.

Im praktischen Teil der App wird der Anwender selbst kreativ. Da jeder Strich in der Fläche vielfach wiederholt erscheint, entsteht rasch ein Muster. Mit zwei Fingern kann man hineinzoomen, um ein Detail zu betrachten oder nachzubearbeiten. Zoomt man stark heraus, erscheint das Muster in vielen Wiederholungen und dessen Regelmäßigkeit wird gut erkennbar.

Neben der quadratischen Malfläche befindet sich das Bedienfeld, in dem Farbe, Strichstärke, Sättigung, Helligkeit und Transparenz per Schieberegler angepasst werden. Das Feld hat außerdem Rückgängig- und Wiederherstellen-Knöpfe und solche für den Bildexport, zum Löschen und zum Aufruf einer Kurzanleitung. Vor allem aber gibt es hier Schaltflächen für die 17 mathematisch möglichen Ornamentgruppen. Hat der Anwender bereits allerlei Striche auf die Malfläche gesetzt und wählt dann eine andere Gruppe aus, so zeigt die App eine Animation, in der die Striche nach den Symmetrie-Regeln der neu gewählten Ornamentgruppe nach und nach auf dem Bildschirm erscheinen.

Das Pro-Update rüstet weitere Stiftspitzen nach und bietet frei wählbare Hintergrundfarben – in der Standardversion ist der Zeichengrund schwarz. Ornamente lassen sich mit der Pro-Version auch auf runde Zeichenflächen und auf die 3D-Darstellung einer Kugel projizieren.

Jetzt ist Version 2.0 der App erschienen. Damit lässt sich für Eigenschaften des Strichs eine dynamische Änderung einstellen. Linien werden beispielsweise mit der Länge des Strichs oder abhängig von der Dauer der Ausführung immer dünner. Außerdem unterstützt Version 2.0 den Apple Pencil. Wer damit zeichnet, kann den Strich auch wahlweise über den Neigungswinkel des Stifts oder den Druck beim Zeichnen beeinflussen. Im Test gelang das über den Druck sehr überzeugend, während die Steuerung über die Stiftneigung sich mühsam gestaltete.

„Wozu braucht man das?“, fragen Mathe-Skeptiker gern, insbesondere Geometrie erscheint ihnen als Selbstzweck. Hier leistet der Wissensteil von iOrnament Überzeugungsarbeit. Man kann die Theorie aber auch ignorieren und mit der App einfach nur malen und zeichnen, was ein fast meditatives Erlebnis ist. Schon kleine Kinder haben Spaß an den bunten Mustern. Aufgrund der verblüffenden Symmetrie-Effekte bleibt die Beschäftigung damit aber auch für Erwachsene lange Zeit interessant. (dwi@ct.de)

Tabelle
Tabelle: iOrnament 2.0