Immobilienkonzern verhindert Glasfaseranschluss

Provider können durchsetzen, dass Hauseigentümer notwendige Installationsarbeiten für einen Internetanschluss dulden. Ausgerechnet Vonovia ignoriert den Willen.

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Von
  • Tim Gerber
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Dies ist ein Beitrag aus c't 2/2024. Möglicherweise hat sich die Handhabung des Ausbaus von Glasfasernetzen bei Telekom und Immobilienkonzern inzwischen geändert.

Stefan B. beitreibt seit über 20 Jahren ein kleines IT-Unternehmen in Dresden. Dort hat er ein Ladengeschäft im Stadtviertel Gruna unweit des Großen Gartens gemietet. Das an einer Hauptstraße gelegene Gebäude mit insgesamt zwei Wohn- und zwei Gewerbeeinheiten gehört Deutschlands größtem Immobilienkonzern Vonovia. Für die Betreuung seiner IT-Kunden ist Stefan B. auf schnelles und stabiles Netz angewiesen, sowohl im Down- als auch im Upstream. Sein derzeitiger DSL250-Anschluss der Deutschen Telekom erfüllt diese Anforderungen mehr schlecht als recht.

Darauf angesprochen bot ihm sein Provider, die Deutsche Telekom, einen Glasfaseranschluss an. Der Ausbau des modernen Netzes wird in der sächsischen Landeshauptstadt bereits seit 2020 öffentlich gefördert und läuft derzeit auf Hochtouren. Also erteilte Stefan B. der Telekom bereits Anfang des Jahres 2022 den Auftrag für einen Glasfaseranschluss in seinem Ladengeschäft und hoffte auf rasche Umsetzung. Schließlich waren die Tiefbauarbeiten in seiner Straße im Sommer bereits in vollem Gange. Bald kam auch ein von der Telekom beauftragter Techniker zu ihm, um sich die Gegebenheiten für den Anschluss im Gebäude anzusehen. Doch weiter geschah nichts. Im September 2022 stornierte die Telekom den Auftrag, Glasfaser sei nicht mehr verfügbar.

Rechtliche Hintergründe zum hier geschilderten Fall diskutieren wir in Episode 4 des c't-Podcast Vorsicht, Kunde!. Wir klären darin, welche Rechte Mieter beim Glasfaseranschluss haben, wer die Bereitstellung des Internetzugangs während der Umstellung sicherstellen muss und wer die Verlegung und den Anschluss der Glasfaser bezahlt.

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Unter der Hand erfuhr Stefan B., dass sein Vermieter eine für die Durchführung der Installation erforderliche Einwilligung nicht erteile. Und auch die Tiefbaufirma bestätigte ihm – wenn auch eher durch die Blume –, dass die Erschließung des Gebäudes für den Glasfaseranschluss am Eigentümer scheitere. Mit diesen Erkenntnissen wandte sich Stefan B. zunächst an die Industrie- und Handelskammer der Elbmetropole. Dass es ausgerechnet in der Stadt mit den modernsten Chipfabriken des Landes für einen IT-Unternehmer nicht möglich sein sollte, in absehbarer Zeit einen zeitgemäßen Internetanschluss zu bekommen, wollte ihm nicht recht einleuchten. Aber seine Berufsorganisation bedauerte lediglich, ihm bei diesem Problem nicht helfen zu können.

Also wandte sich Stefan B. am 11. September schließlich an c’t. Wir fragten am 10. Oktober bei der Pressestelle der Vonovia nach, warum der Wohnungskonzern seinem Mieter den notwendigen Glasfaseranschluss verweigert und konfrontierten den Immobilienriesen auch mit der Vermutung, dass er möglicherweise selbst an den Internetanschlüssen in seinen Objekten mitverdienen will, die er unter anderem in einigen seiner Dresdner Liegenschaften anbietet.

Am 12. Oktober antwortete uns eine Konzernsprecherin Vonovias: Man befinde sich aktuell mit verschiedenen potenziellen Partnern für einen flächendeckenden Ausbau der Liegenschaften mit Glasfasernetzen in Gesprächen. Einen Einzelausbau von einzelnen Wohnungen lehne man "zur Vermeidung von unüberschaubaren Flickenteppichen und zur Wahrung einer Gesamtstrategie grundsätzlich ab". Zudem seien bereits in nahezu allen Häusern schnelle Internetzugänge über das TV-Kabel verfügbar, so auch bei Stefan B.

Der Gesetzgeber hatte aber genau diesen Monopolbestrebungen von Hausbesitzern gegenüber ihren Mietern einen Riegel vorschieben wollen und deshalb den Providern im 2021 neu gefassten Telekommunikationsgesetz (TKG) umfassende Rechte gegenüber Hauseigentümern zur Installation von Anschlüssen für Endkunden eingeräumt. Das sogenannte TV-Kabel-Monopol sollte fallen. Mit so einem Kabelanschluss kann Stefan B. mit seiner kleinen Firma auch nichts anfangen. Er wolle doch nicht Netflix gucken, sondern bräuchte einen deutlich höheren Upstream-Durchsatz und eine feste IP-Adresse, um seine IT-Dienstleistungen anbieten zu können, berichtete er c’t. Mit einem auf Privatkunden zugeschnittenen Internetanschluss von Vodafone übers vorhandene TV-Kabel sei ihm nicht gedient, schrieb er.

Wir konfrontierten deshalb am 6. Dezember die Pressestelle der Deutschen Telekom mit den Aussagen von Vonovia. Schließlich hatte die Telekom bereits im Frühjahr mit den Verbänden der Wohnungswirtschaft, denen auch die Vonovia angehört, Rahmenverträge über die Installation von Glasfaseranschlüssen geschlossen. Wir wollten von dem Kommunikationskonzern wissen, ob sich aus dem TKG nicht eine rechtliche Handhabe ergäbe, Vonovia zur Duldung der Anschlussarbeiten bei Stefan B. zu zwingen, und inwieweit man diese dann auch nutze.