Dreimotorig ins Büro

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Florian Pillau

Was für ein Abenteuer! Wenn ich in den Prius steige und lautlos davonrolle, sitzen neben mir immer auch Siemens und Porsche. Also, im Geiste. Denn wie sähe unsere Mobilität aus, wenn Flocken, Lohner, Detroit Electric und die anderen E-Auto-Hersteller die Chance gehabt hätten, ihre Autos innerhalb der letzten einhundert Jahre weiterzuentwickeln? Zwischen 1900 und 1912 waren knapp 40 Prozent aller amerikanischen Autos elektrifiziert, nur etwas über 20 Prozent fuhren mit Benzin. Der Rest: Dampfwagen. Übrigens keine schwerfälligen Ungetüme, wie man vielleicht denken könnte, sondern meist elegant, flüsterleise, benutzerfreundlich und verdammt schnell. Einziger Nachteil: Ein paar Minuten Vorheizzeit.

Dieses Handikap war bereits groß genug, um die notorische Unzuverlässigkeit und das komplizierte, schwere, teure Getriebe der Benzinkutschen in Kauf zu nehmen. E-Wagen, noch viel einfacher zu warten und ebenfalls so getriebelos wie Dampfautos, wurden in den USA mit dem Aufkommen von brauchbaren Fernstraßen mangels Reichweite aussortiert.

Hier knüpfen wir heute an. Bei hundert Jahren Entwicklungsrückstand und einem gut ausgebauten Fernstraßennetz finde ich einen Hilfsantrieb per Verbrennungsmotor logisch. Toyota hat ihn zudem geradezu perfekt umgesetzt mit einem elektrischen Zweig, der einen einfachen Verbrennungsmotor ohne Direkteinspritzung, Aufladung und Getriebe (siehe oben) aufs Eleganteste integriert. Das spart Kosten, Platz und Gewicht, ist nur minimal verschleißbehaftet und günstig zu reparieren. Zudem kann der Ottomotor dank einer genialen Steuerung der E-Maschinen im verbrauchsgünstigsten Last- und Drehzahlbereich nahe Diesel-Effizienz laufen. Das fühlt sich zwar ungewohnt an, doch bin ich Nerd genug, das Ganze auf einer anderen Ebene goutieren zu können. Das wird nicht jedem so gehen.

Die praktischen Vorteile fand ich aber noch beeindruckender. Einmal Laden reichte für 22 Kilometer, in meinem Fall ist das einmal aus dem Büro nach Hause und wieder zurück. Die Stromkosten liegen unter denen für Kraftstoff. Beim Einrollen in die Tiefgarage wurden meist noch um die 100 Meter Reichweite angegeben. Als Nur-Büropendler wäre ich auf 0 Liter/100 km gekommen. Wie unbezahlbar Stille ist, hat mich erst der Prius gelehrt, und gleichzeitig das Gefühl, sich als Pionier zu bewegen. Bei Frost ohne Heizung und mit stierem Blick auf Reichweitenanzeige und die wachsende Schlange im Rückspiegel zu versuchen, das rettende, wärmende Büro zu erreichen. Der Antrieb des Prius erkennt eine eingeschaltete Heizung und wirft folgerichtig den Benzinmotor an, um Warmwasser zu erzeugen. Er ist damit eines der ganz wenigen Fahrzeuge, bei denen man auch per Druck auf den Heizungsregler den Motor starten kann.