c't 1/2024
S. 46
Aktuell
Chatkontrolle
Bild: Silas Stein/dpa

Schnüffelpflicht auf Eis

Spanien scheitert mit Vorstoß zur verpflichtenden Chatkontrolle in der EU

Die spanische Regierung wollte mit Unterstützung einer breiten Lobbyallianz Internetdienste zur Kontrolle verschlüsselter Chats verpflichten. Nach dem Scheitern dürfen Plattformen unverschlüsselte Nachrichten wohl freiwillig weiter scannen.

Von Jan Vollmer

Vorerst wird es in der EU keine sogenannte verpflichtende Chatkontrolle geben. Das EU-Gesetzesvorhaben wurde in den vergangenen Monaten vor allem von der spanischen Regierung vorangetrieben, die im zweiten Halbjahr 2023 die Präsidentschaft im EU-Rat innehatte. Sie will Internetdienste dazu verpflichten, auf Anordnungen hin die Kommunikation aller Nutzer zu scannen. Die Befürworter begründen die massenhafte anlasslose Chatkontrolle mit dem Schutz von Kindern: Pädokriminelle Inhalte sollen entdeckt und zur Strafverfolgung an ein EU-Zentrum weitergeleitet werden.

Im Gegensatz dazu sehen Datenschützer in der Verpflichtung zur Überwachung von Ende-zu-Ende-verschlüsselten Chats einen besonders schweren Eingriff in die Grundrechte der Bürger. Sie betonen, dass die anlasslose Chatkontrolle nicht nur gegen geltendes Recht verstoßen würde. Sie sei auch das falsche Instrument, um Kinder im Netz zu schützen. „Es ist gut, dass die Chatkontrolle gescheitert ist. Sie hätte einer massenhaften Überwachung der privaten Kommunikation aller Menschen die Türen geöffnet“, kommentierte Alexandra Geese, Abgeordnete der Grünen im Europaparlament, gegenüber c’t. Zum Schutz von Kindern bräuchte es andere Mittel wie gut ausgestattete Polizeikräfte und Jugendämter.

Kommentieren