c't 8/2023
S. 184
Story
Neurospace
Bild: Erstellt mit Midjourney | Bearbeitung c’t

Neurospace (2)

Forscherehrgeiz, die Faszination des Andersartigen, der Wunsch, in den Spiegel eines gänzlich unvertrauten Verstands zu schauen: All das spielt mit, wenn es um den ersten Kontakt zu einer fremden Intelligenz geht. Der Neugierige redet sich ein, völlig offen für Überraschungen und für das absolut Andere zu sein. Dennoch schleppt er uneingestandene Erwartungen und scheinbare Selbstverständlichkeiten mit sich herum. Das kann sich verheerend auswirken (Fortsetzung vom letzten Heft).

Von Vlad Hernández

Seit zweieinhalb Monaten hat sich mein Leben auf dem Schürfaußenposten Helm rund neunzig Millionen Kilometer von der Erde entfernt völlig verändert: Valérie, die wie ein Wunder per Gürtel-Mars-Express zu uns kam, hat es regelrecht umgekrempelt. Sie ist in mehrerlei Hinsicht eine Traumfrau – zu allem, was ein attraktives weibliches Wesen überhaupt ausmachen kann, kommt ihr Beruf: Als Spezialistin für Interaktive Neurologie erforscht sie Gefühle, Gedanken und Träume. Die zweite Sensation geschah wenig später: In einem löchrigen Asteroidenbrocken entdeckten wir etwas, das wie eine in Chondrit eingeschlossene fremdartige Lebensform wirkte. Fortan war Valérie von dem Plan besessen, die neuronale Struktur des Aliens zu erforschen – nein, zu erleben! Ein von ihr entwickeltes Virtual-Reality-System würde sie regelrecht darin eintauchen lassen. Und auf diese Reise in die fremde Neurowelt wollte sie mich mitnehmen.

Meine schöne Valérie ließ den Axialschnitt der Tomografie holografisch rotieren. Die Grafik zeigte nicht mehr und nicht weniger als den in seinem uralten Schutzpanzer eingeschlossenen fremden Arachnoiden, der durch ein glückliches Geschick als Beute eines Schürfmechanos zu uns gekommen war.

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