c't 28/2023
S. 142
Wissen
Kasiski-Test
Bild: KI Midjourney, Andrey Kuzmin, stock.adobe.com | Collage c't

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Historische Kryptografie: Vigenère-Chiffre mit dem Kasiski-Test knacken

Die Vigenère-Chiffre stand einst im Ruf, unknackbar zu sein, und 300 Jahre lang konnte niemand an dieser Reputation rütteln. Das änderte sich 1863 mit dem Kasiski-Test, der das Verwundbarste in einem Kryptosystem angreift – den Schlüssel. Wir erklären, wie der Test funktioniert, und programmieren ihn in Python nach.

Von Wilhelm Drehling

Die Spionin hält den Brief näher an die Kerze. Im spärlichen Licht versucht sie den Text zu entziffern, aber der Inhalt ergibt keinen Sinn. Es sieht so aus, als hätte der Absender die Buchstaben willkürlich aneinandergereiht – lediglich oben am Rand steht klar lesbar das Datum: 16. August 1870. Mit einer Stahlfeder umkringelt sie Buchstabenfolgen, die wiederholt im Text auftreten. Nicht mehr lang und sie weiß, wo die Franzosen die Frontlinie durchbrechen wollen.

In unserem ausgedachten Szenario knackt die Spionin einen Brief der französischen Armee, der mit der Vigenère-Chiffre kodiert wurde. Damals galt die Chiffre als unknackbar, kein Wunder also, dass sich der Absender dazu entschied, sie zu verwenden. Das war aber ein folgenschwerer Fehler, denn ihm war nicht das Buch „Die Geheimschriften und die Dechiffrir-Kunst“ des preußischen Offiziers Friedrich Wilhelm Kasiski bekannt. In dem 1863 erschienenen Buch veröffentlichte Kasiski eine Methode, mit der man die Schlüssellänge eines Vigenère-kodierten Textes herausfindet.

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