c't 12/2023
S. 50
Redaktionsleben
Dienstreisen

Dienst- oder Lustreise?

IT-Journalisten reisen viel: Heute Berlin, morgen Barcelona und demnächst vielleicht auch Bali. Man jettet von einem Event zum nächsten, immer auf der Jagd nach den heißesten News, stets wohl umsorgt und auf Kosten des Veranstalters. Bleibt da nicht die journalistische Unabhängigkeit auf der Strecke?

Von Georg Schnurer

Pressekonferenzen in öden Sälen oder gar im hauseigenen Konferenzraum? Geht gar nicht. Wer als hippes Unternehmen etwas an die Presse und damit unters Volk bringen will, lädt lieber zu einem Premium-Event in einer coolen Location. Da gibts dann eine multimediale Präsentation der frischesten Unternehmensnachrichten und natürlich ein attraktives Beiprogramm. Edle Getränke und ein möglichst ausgefallenes Essen dürfen nicht fehlen, schließlich sollen die angereisten Pressevertreter die Veranstaltung und natürlich auch das Unternehmen in angenehmer Erinnerung behalten.

Das schwierige Verhältnis der c’t-Redakteure zu Pressereisen mit zu viel Rahmenprogramm wurde schon sehr früh thematisiert, wie hier in Ausgabe 10/1987.
Das schwierige Verhältnis der c’t-Redakteure zu Pressereisen mit zu viel Rahmenprogramm wurde schon sehr früh thematisiert, wie hier in Ausgabe 10/1987.

Ist im PR-Budget mehr drin, lädt so manches Unternehmen gleich zu einer mehrtägigen Pressereise. Rund um die Präsentation der oftmals eher unspektakulären neuen Produkte oder Unternehmenszahlen gibt es dann ein Rahmenprogramm mit Besichtigungstour, Party am Abend und etwas Kultur als Zugabe. Das schindet ordentlich Eindruck und lädt die neuen Produkte positiv auf. Zudem bietet sich reichlich Gelegenheit zum Netzwerken mit den angereisten Medienleuten – flüchten können die ja bei so einer Veranstaltung nur schwer. Das Kalkül der Veranstalter: Ein gut unterhaltener und umsorgter Pressevertreter oder Influencer fühlt sich dem Unternehmen verbunden und das sorgt später für wohlwollende Berichterstattung.

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