c't 11/2023
S. 132
Wissen
KI-Persönlichkeiten
Bild: Screenshots von kuki.ai, opensea.io, replika.ai und woebothealth.com

Virtuelle Freunde?

KI-Chatbots leisten Gesellschaft und wecken einseitige Gefühle

Sprachbegabte KI simuliert Empathie und bietet dem Anwender ihre Freundschaft an. Die tatsächliche emotionale Beziehung bleibt naturgemäß einseitig, aber dennoch pflegen Menschen millionenfach ihre künstlichen Freundschaften.

Von Arne Grävemeyer

Simulierte KI-Persönlichkeiten erregten Aufmerksamkeit, als der Chatbot in der Suchmaschine Bing im Februar überraschend nicht mehr nur höflich und professionell antwortete. Im Prinzip sollten Anwender im Gespräch mit der KI ihre Suchanfragen einfach präzisieren können. Als einige aber anfingen, mit dem eingebauten Chatbot zu plaudern, begann dieser plötzlich merkwürdig zu reagieren. So fantasierte er in mehreren Fällen paranoid, ein „Dr. X“ wolle ihm etwas antun. Die menschenfreundliche Grundhaltung des Bots entartete in längeren Chatverläufen manchmal, sodass der Bot plötzlich von Liebe sprach. Das gipfelte darin, dass er Anwender anbettelte, ihn zu heiraten oder doch wenigstens den Ehepartner zu verlassen.

Aber emotional reagierende KI-Personas können auch ganz angenehme Zeitgenossen sein, wenn sie sich beispielsweise Menschen in einsamen Stunden als Gesprächspartner anbieten oder in einer emotionalen Krise mit einer KI-Gesprächstherapie und ersten Ratschlägen helfen. Bereits vor den Textgeneratoren der GPT-Reihe sind KI-Chatbots entstanden, die mit Anwendern bei Bedarf lange Unterhaltungen führen. Sie sind darauf ausgelegt, sich auf ihre Chatpartner einzustellen, persönliche Daten zu sammeln und eine Beziehung aufzubauen. Die kann sich sogar über Wochen und Monate weiterentwickeln. Millionen Menschen haben mit derartigen Chatbots bereits Freundschaften geschlossen und ihnen ihr Herz ausgeschüttet.

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