c't 10/2023
S. 44
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

Gordon Moore, schwacher PC-Markt und Server-Spekulationen

Intel-Mitgründer Gordon Moore ist tot. PC- und Chiphersteller müssen weiter auf den Aufschwung warten. Ein Chip-Guru verkündet wohl versehentlich kommende Zen-5-Leistungssprünge bei AMD.

Von Christof Windeck

Am 24. März verstarb der Chip-Pionier und Intel-Mitgründer Gordon Moore im hohen Alter von 94 Jahren. Nach ihm ist das Moore’sche Gesetz aus dem Jahr 1965 benannt, das den typischen Fortschritt der Halbleiter-Fertigungstechnik beschreibt. Demnach verdoppelt sich alle 1,5 bis 2 Jahre die Anzahl der Funktionsblöcke, die sich auf einem CMOS-Chip mit ähnlicher Siliziumfläche und zu vergleichbaren Fertigungskosten unterbringen lässt. Durch große Veränderungen bei Entwicklung und Fertigung von Chips gilt die ursprüngliche Aussage von „Moore’s Law“ zwar heute nicht mehr genau, es sagte aber das exponentielle Wachstum sowie das enorme Potenzial der Halbleitertechnik ziemlich gut voraus.

Intel-Mitgründer Gordon Moore 2015 bei einem Gespräch zum 50. Jahrestag des nach ihm benannten „Moore’s Law“., Bild: Walden Kirsch/Intel
Intel-Mitgründer Gordon Moore 2015 bei einem Gespräch zum 50. Jahrestag des nach ihm benannten „Moore’s Law“.
Bild: Walden Kirsch/Intel

Der in Kalifornien geborene Dr. Gordon Moore war Multimilliardär und lebte mit seiner Familie zuletzt auf Hawaii. Forbes schätzte sein Vermögen Anfang 2023 auf knapp 7 Milliarden US-Dollar. Die gemeinsam mit seiner Frau gegründete Gordon and Betty Moore Foundation spendete über mehr als 20 Jahre rund 5 Milliarden US-Dollar, unter anderem für die Forschung.

Mauer PC-Markt

Gemeinsam mit dem Wert der Intel-Aktie schrumpfte Moore’s Vermögen in den vergangenen Jahren erheblich. Und die Intel-Aktie wiederum schwächelt nicht bloß wegen der vielen verzögerten Intel-Chips, sondern auch weil der PC-Markt nach der Pandemie-Hausse nicht wieder in Fahrt kommen will. Im ersten Quartal des laufenden Jahres sanken die Stückzahlen der verkauften PCs laut den Marktforschern von IDC um weitere 29 Prozent im Jahresvergleich, bei Apple sogar um 40 Prozent. Laut IDC hoffen viele PC-Hersteller darauf, dass das nahende Support-Aus für Windows 10 im Jahr 2025 schon ab 2024 den PC-Verkauf ankurbeln könnte. PC-Besitzer, die alte, aber funktionsfähige Rechner Ende 2025 aussortieren sollen, sehen das sicherlich völlig anders, siehe auch Seite 62.

Bei Servern mit x86-Prozessoren erwarten Marktforscher für 2023 bestenfalls Nullwachstum. Die unsichere Weltlage, Handelsbeschränkungen gegen Russland und China, Inflation und steigende Energiepreise bremsen den Serverbedarf. Bekanntlich entlassen auch große Internetdienstleister wie Amazon, Google, Microsoft und Meta/Facebook Tausende Mitarbeiter. Da packt man sich trotz KI-Boom nicht auch noch haufenweise Server in die Racks. Im Mittel werden Server aber teurer, was auf bessere Ausstattung und höhere Rechenleistung auch für KI-Software hindeutet.

Server-Ausblicke

Der in der Chipbranche renommierte Experte Jim Keller war unter anderem bei DEC, Apple, AMD, Tesla und Intel tätig. Seit 2021 leitet Keller die KI-Chipfirma Tenstorrent und plauderte in dieser Funktion überraschend über die Zen-5-Technik der 2024 erwarteten AMD-Serverprozessoren. Eigentlich wollte er damit für die hohe Ganzzahlrechenleistung des von Tenstorrent entwickelten RISC-V-Prozessorkerns Ascalon werben. Doch nebenbei verriet Keller, dass ein Zen-5-Kern fast 30 Prozent mehr Integer-Performance liefern soll als ein Zen-4-Kern. Nur ein kleiner Teil davon resultiert aus höherer Taktfrequenz, der Rest also aus anderen Verbesserungen. Zudem könnten die 2024 kommenden „Turin“-Epycs auch noch 128 statt 96 Kerne bringen. Intel will im zweiten Halbjahr 2024 zwar mit „Granite Rapids“ alias Xeon-SP Gen 6 kontern, der deutlich mehr Kerne und Rechenleistung als der aktuelle Xeon-SP Gen 4 (Sapphire Rapids) haben soll. Es bleibt aber spannend, ob das gegen Turin genügt.

Jim Keller deutete noch ein weiteres Detail an: Die Integer-Rechenleistung der mit dem Epyc „Bergamo“ erwarteten Zen-4C-Kerne soll sich nicht von der der Zen-4-Kerne unterscheiden. Da die Zen-4C-Kerne aber kompakter sein sollen, AMD will 128 davon in eine CPU quetschen, könnten folglich die Gleitkomma- oder Vektoreinheiten abgespeckt sein. Außerdem kommt mit „Siena“ noch eine Epyc-Version mit höchstens „nur“ 64 Zen-4-Kernen, aber für die neue Fassung SP5 mit acht statt zwölf DDR5-Speicherkanälen. Diese Chips sollen in der Server-Mittelklasse die alte DDR4-Technik kostengünstig ablösen. Das setzt Intel noch weiter unter Druck, weil der Xeon-SP Gen 4 mit seinen höchstens 60 Kernen nur in diesem mittleren Segment gegen den AMD Epyc anstinken kann – oder wenn angepasste Software läuft, die die zahlreichen Xeon-Beschleuniger ausreizt. Noch ein Clou am Rande: Ebenfalls bei Tenstorrent arbeitet nun der GPU-Experte Raja Koduri, den Intel 2017 von AMD abgeworben hatte. (ciw@ct.de)

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