c't 9/2022
S. 174
Wissen
Digitale Ermittlungen
Bild: Thorsten Hübner

Juristisches Neuland

Der Fall EncroChat: Rechtliche Probleme bei digitalen Ermittlungen

In Folge des staatlichen EncroChat-Hacks 2020 hagelt es Gefängnisstrafen. Doch ist umstritten, ob die erbeuteten Daten ein taugliches Beweismittel im Strafprozess sein können. Es geht letztlich um die Frage, welche rechtlichen Maßstäbe in Zukunft an digitale Beweismittel anzulegen sind.

Von Dennis Kenji Kipker

Von Razzien bei mutmaßlichen Drogenhändlern hört man seit Monaten außergewöhnlich häufig. Immer wieder wurden in jüngerer Vergangenheit Durchsuchungen mit Delikten begründet, die just zwischen März und Juni 2020 begangen worden sein sollen. Das ist kein Zufall: Genau in dieser Zeit hatte die französische Polizei mithilfe niederländischer Kollegen heimlich Messenger-Chats mitgeschnitten, die über den Dienst EncroChat liefen.

EncroChat war bis zu seinem plötzlichen Ende 2020 ein Anbieter von verschlüsselter Kommunikationstechnik. Das Unternehmen stellte seinen Kunden technisch veränderte Smartphones zur Verfügung, die so modifiziert wurden, dass alle Bestandteile, die nicht unbedingt zur Kommunikation notwendig sind, deaktiviert waren. Klassische Sicherheitsrisiken wie GPS-Sensoren, Mikrofone und Kameras konnten bei EncroChat-Geräten nichts mehr über die Nutzer verraten. Außerdem hatte EncroChat eine Signal-Variante installiert, mit der die Kunden Ende-zu-Ende-verschlüsselt kommunizieren konnten. Für den Fall der Fälle war es möglich, auf Knopfdruck sämtliche Inhalte vom Gerät zu löschen.

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