c't 9/2022
S. 144
Wissen
Digitale Identität

Orwells Brieftasche

Die umstrittenen Pläne für eine europäische digitale Identität

Mit der EUid verspricht die EU-Kommission allen Europäern eine datenschutzfreundliche digitale Identität. Datenschützer befürchten jedoch, dass das Gegenteil dabei herauskommt: Staaten und Konzerne würden Nutzer mit einer dauerhaften Kennung tracken.

Von Christian Wölbert

Die Meinungen über die von der EU-Kommission geplante europäische digitale Identität (EUid) könnten kaum weiter auseinandergehen. Glaubt man Kommissionschefin Ursula von der Leyen, stärkt die EUid den Schutz persönlicher Daten und weist Kraken wie Google und Facebook in die Schranken. Es handle sich „um eine Technik, bei der Nutzer selbst kontrollieren, welche Daten wofür genutzt werden“, verspricht die Politikerin auf der Webseite der Kommission.

Als Beispiel für den Einsatz der EUid nennt die Kommission das Beantragen eines Kredits.
Bild: EU-Kommission

Der Aktivist Thomas Lohninger hingegen spricht von „Orwells Wallet“, das „direkt in den Überwachungskapitalismus“ führe. Die EUid serviere Tech-Konzernen die Identitätsdaten von Bürgern „auf dem Silbertablett“, warnt der Geschäftsführer der Bürgerrechtsorganisation Epicenter.Works in einer im Februar veröffentlichten Stellungnahme. Gleichzeitig bereite sie den Weg für staatliche Klarnamenpflichten und gefährde damit das Recht auf Anonymität im Netz.

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