c't 8/2022
S. 44
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

Intel-Fab in Magdeburg, Apple M1 Ultra, ARM-Entlassungen

Der Frühling beschert Sachsen-Anhalt blühende Landschaften. Apple vereint zwei M1-Chips und ARM baut Hunderte Arbeitsplätze ab.

Von Christof Windeck

Ab 2027 will Intel Chips aus den beiden 17 Milliarden Euro teuren Megafabs in Magdeburg liefern, siehe Seite 42. Die von der EU, der Bundesrepublik, dem Land Sachsen-Anhalt und der Stadt Magdeburg großzügig unterstützte Ansiedelung soll der industriell bisher schwachen Region den Aufschwung bringen. Magdeburg rechnet mit einem Bevölkerungswachstum um bis zu 17 Prozent. Man denkt schon über mehrsprachige Schulen und Kindergärten für den Nachwuchs der internationalen Fachkräfte nach. Vielleicht reicht für den Anfang eine sächsischsprachige Integrationsklasse für Menschen, die aus dem Silicon Saxony die Elbe abwärts wandern.

Die Euphorie über die wirtschaftlich aufblühende Landschaft im Sülzetal ist verständlich. Doch es gibt Risiken: Intel hat keine große Erfahrung als Auftragsfertiger und bei GF (ehemals Globalfoundries) in Dresden lief längst nicht alles glatt. Noch 2018 gab es Kurzarbeit. Schaut man weiter zurück, zeigen die abgewickelten schwäbischen Fabs von IBM in Sindelfingen und Böblingen sowie die Telefunken-Fab in Heilbronn, dass auch die Halbleiterbranche tiefe Täler kennt.

M1-Kopplung

Apple setzt noch einen drauf beziehungsweise dran: nämlich zwei M1-Max-Chips aneinander – und fertig ist der M1 Ultra. Eigentlich hatte man von Apple allmählich einen M2-Prozessor mit verbesserter Mikroarchitektur und kleineren Strukturen erwartet. Doch Apple quetscht die seit November 2020 ausgelieferte M1-Technik immer weiter aus, nun beim M1 Ultra also mit der „UltraFusion“-Kopplungstechnik, siehe Seite 54.

Dass es sinnvoll möglich ist, zwei M1 Max zu einem Ultra zu vereinigen, hat Apple von langer Hand vorbereitet. Erstens ist der M1 Max dermaßen effizient, dass sich eben auch zwei davon in einen einigermaßen kompakten Rechner packen lassen. Zweitens kann Apple die Preise nahezu beliebig festlegen, weshalb die hohen Fertigungskosten von zwei jeweils über 4 Quadratzentimeter großen Silizium-Dies nicht weiter stören. Drittens bindet jede der beiden M1-Ultra-Hälften ihren eigenen LPDDR5-Speicher mit enormer Datentransferrate an, was Flaschenhälsen vorbeugt. Und viertens ermöglicht UltraFusion die latenzarme Kopplung der beiden Hälften mit rund 2,5 TByte/s. Die Technik beruht vermutlich im Wesentlichen auf Entwicklungen von TSMC und nutzt zur Verbindung mehr als 10.000 kurze Leitungen in einer Silizium-Zwischenlage (Interposer), die im Chipgehäuse (Package) unter den beiden M1-Max-Dies liegt.

Der M1 Ultra verspricht starken Schub für Kreativsoftware, die 20 CPU-Kerne ausreizt sowie GPU- und KI-Beschleuniger einbindet. Allerdings steigt jedoch die Singlethreading-Rechenleistung nicht nennenswert über die eines M1 hinaus. Obendrein ist das Auf- oder Umrüsten von RAM, SSD oder GPU beim Mac Studio schlichtweg unmöglich – man muss die Kiste jahrelang exakt so nutzen, wie man sie jetzt von Apple kauft.

„Ich bin zwei Max“: Der Apple M1 Ultra (rechts) besteht aus zwei M1-Max-Chips, die per „UltraFusion“-Technik mit 2,5 TByte/s gekoppelt sind.
Bild: Apple

Langer ARM-Marsch

Mit dem Mac Studio dürfte Apple seine Führung bei ARM-Computern weiter ausbauen. Im Windows-Lager kommt ARM nur im Schneckentempo voran. Immerhin schickt nun auch Lenovo mit dem ThinkPad X13s ein edles Gerät ins Rennen und der Qualcomm Snapdragon 8cx Gen 3 verspricht dank Cortex-X1-Kernen, deutlich spritziger zu laufen als seine gemächlichen Vorgänger. Ein hoher Preis und konkurrierende Notebooks mit dem starken neuen Core i-12000 könnten das Bild aber trüben.

Keine Begeisterung entfachte bisher der Samsung Exynos E2200 aus dem Galaxy S22, der eine „XClipse“-GPU mit AMD-Technik und Raytraycing-Einheiten hat. Doch die XClipse hinkt der Adreno 730 im ansonsten ähnlichen Snapdragon 8 Gen 1 hinterher. Obendrein hat sich Samsung mal wieder bei Benchmark-Mauscheleien erwischen lassen: Im Geekbench löste Samsung beim Exynos E2200 eine Taktfrequenzbremse, die aber bei der Ausführung anderer Software greift, um den Akku zu schonen. Immer wieder versuchen Smartphonefirmen solche Tricks, wenn die Physik nicht mitspielt. Samsung will die Drossel per Update entschärfen.

Beim Prozessorentwickler ARM selbst herrscht schlechte Stimmung: Der neue Chef Rene Haas kündigte per interner Mitteilung an, bis zu 15 Prozent der weltweit 6000 Mitarbeiter zu entlassen. Als Grund nennt Haas fehlende Geldmittel nach der abgesagten Übernahme durch Nvidia. ARM muss dringend neue Wachstumsmärkte erschließen, wie im Bit-Rauschen aus c’t 6/2022 erläutert. Der Börsengang soll 2023 frisches Geld bringen. Der seit 2013 amtierende ARM-Chef Simon Segars hatte alles auf Nvidia gesetzt und trat nach dem Platzen des Deals sofort zurück. (ciw@ct.de)

Podcast Bit-Rauschen zum M1 Ultra: ct.de/y9dz

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