c't 25/2022
S. 3
Standpunkt

Informatik in der Schule: Zu viel Gutachten

Im September 2022 legte die "Ständige Wissenschaftliche Kommission" (SWK) der Kultusministerkonferenz ein Gutachten zur Digitalisierung der Bildung vor. Vieles, was darin steht, ist richtig. Gut, das Wort "Medienpädagogik" findet sich nur vereinzelt, "Fake News" kommt gar nicht vor. Aber sonst enthält das Gutachten viel Wichtiges. Ja, Informatikunterricht sollte in jedem Bundesland verpflichtend sein. Noch leuchten Hessen und Bremen rot auf der Landkarte des "Informatik-Monitors" der Gesellschaft für Informatik. Rot steht da für "kein Angebot" des Pflichtfachs Informatik. Die anderen 14 Bundesländer sind – endlich! – zumindest auf dem richtigen Weg.

Das SWK-Gutachten kommt schlicht 20 Jahre zu spät. Vieles, was die Autoren akribisch zusammengetragen haben, ist schon oft gesagt worden. Es wurde nur selten gehört und noch seltener in die Tat umgesetzt. Dass es die Bildungsgerechtigkeit gefährdet, wenn das Lernen mit digitalen Medien dem Elternhaus überlassen bleibt, dass mehr IT in die Lehrerausbildung gehört und WLAN in jede Schule – diese Erkenntnisse sind nicht neu.

In der Pandemie haben Lehrer, Erzieher und engagierte Eltern viele Ideen rund um digitale Medien in Kita und Schule ausprobiert. In neu entstandenen Netzwerken tauschen sich Praktiker aus und entwickeln alltagstaugliche Konzepte. Aber jetzt, nach dem Ende der Schul- und Kitaschließungen, müssen Medienpädagogen und Informatiklehrer erleben, dass ihre tägliche Arbeit wieder zum Gegenstand von Gutachten wird: Während schon Vorschulkinder lässig das Tablet der Eltern nutzen, sitzt eine Expertenkommission hinter verschlossenen Türen und begutachtet den Stand der Digitalisierung in der Bildung. "Schön, dass Ihr in der Pandemie ein bisschen mitgedacht habt, aber jetzt lasst mal wieder die Experten ran!", scheint die Botschaft.

Die Initiative "Bildung #mitgedacht" ruft Experten aus der Bildungspraxis dazu auf, ihren Blick aufs Thema zu teilen – in Form von Kurzvideos auf YouTube. Hier knapp 190 Seiten eng bedrucktes Papier, dort der bunte, lebendige Austausch von Ideen – damit ist eigentlich schon alles gesagt. Es ist genug begutachtet. Es ist höchste Zeit, die Bildung in Deutschland umzukrempeln.

Dorothee Wiegand
Dorothee Wiegand

Dorothee Wiegand

Kommentieren