c't 2/2022
S. 78
Test & Beratung
High-End-Smartphones

Schmacht-Phones

iPhone gegen alle: Acht High-End-Smartphones im Test

Darf's ein bisschen mehr sein? Wir hatten acht High-End-Smartphones im Testlabor, die mit Vollausstattung und dem gewissen Extra glänzen – und nicht einmal alle sind unverschämt teuer.

Von Robin Brand und Steffen Herget

Wer kann dazu schon nein sagen? Sieht aus wie ein Edel-Smartphone, und dass da nur ein schwachbrüstiger Billig-Prozessor drinsteckt, merkt ja niemand! Denn auch Billigheimer sehen auf den ersten Blick aus wie teure Spitzengeräte. Lohnt es sich überhaupt noch, das Äquivalent einer Urlaubswoche für ein Smartphone auf den Verkaufstresen zu legen? Tatsächlich markiert der aktuelle Smartphonejahrgang eine fortschreitende Konsolidierung. Errungenschaften der vergangenen Modelle wie 120-Hertz-Displays, 5G und Kameras mit spektakulären Teles und fast professionellen Videofähigkeiten haben sich in der Oberklasse fest etabliert und sickern so nach und nach durch in die Mittel- und Einsteigerklasse. Somit sind ordentlich ausgestattete Smartphones mittlerweile relativ günstig zu haben. Dennoch: Um die Frage: „Was leistet die Oberklasse?“ abzuklopfen, haben wir acht High-End-Smartphones ab 400 Euro in den Test genommen. Um eins vorweg zu nehmen: In unseren Testszenarien ist dabei die eine oder andere Bestmarke gefallen, allerdings haben wir mitunter auch erstaunliche Schwächen beobachtet.

Faltbare Smartphones haben es sich derweil in ihrer Nische gemütlich gemacht (siehe S. 86 in diesem Heft). In diesem Prüfstand konzentrieren wir uns auf die erprobten, robusten und (teilweise) deutlich günstigeren Smartphones herkömmlicher Machart.

Das 400 Euro teure Realme GT 5G markiert den Einstieg in die Oberklasse, wenn man diese mal nicht am Preis, sondern am schnellsten System-On-a-Chip (SoC) festmachen will. Am anderen Ende der Skala stehen das Apple iPhone 13 Pro Max und Sonys Xperia Pro-I, die je nach Ausstattung bis zu 1800 Euro kosten. Das Testfeld komplettieren Asus Zenfone 8, Google Pixel 6 Pro, OnePlus 9 Pro, Samsung Galaxy S21 Ultra und Xiaomi 11T Pro. Auf das Oppo Find X3 Pro haben wir verzichtet, da es weitgehend identisch mit dem Modell 9 Pro von Oppos Tochtermarke OnePlus ausgestattet ist. Wir haben uns für das OnePlus entschieden, da es zum Testzeitpunkt rund 100 Euro günstiger war. Ein prominenter Hersteller schickte keinen Vertreter: Das vom US-Handelsembargo gebeutelte Huawei hat in diesem Jahr kein High-End-Smartphone für Europa auf den Markt gebracht.

Groß sind sie geworden

Technische Brillanz ging auch 2021 tendenziell mit Größe einher: Abgesehen vom Asus Zenfone 8 und (mit Abstrichen) vom Realme GT 5G ist keines der Smartphones handlich. Doch die Hersteller haben gelernt: Apple stellt dem Pro Max ein technisch gleichwertiges, kleineres Pro-Modell zur Seite. Google, OnePlus, Samsung und Sony haben kleinere, kaum schlechter ausgestattete Geschwister im Programm. Vorbei scheint die Zeit biederer, rabenschwarzer Einheitsdesigns – zumindest mit Blick auf die Rückseiten. Mit matten Flächen und bunten Farben (die fast alle Hersteller zumindest optional im Programm haben) sollen die Probanden bezirzen, fast ausnahmslos sind sie in hochwertige, metallene und gläserne Balzkleider gesteckt. Nur das Realme GT im Kunststoffgewand steht als hässliches Entlein am Rand der Tanzfläche.

Auf der Vorderseite gibt es überall das gleiche zu sehen: viel Display und wenig Rand. Mit Ausnahme des unschlagbar handlichen Zenfone 8, dessen Display branchenüblich im angelsächsischen Längenmaß nur 5,9 Zoll (14,99 cm) in der Diagonale misst, sind alle Bildschirme und damit auch die Smartphones mächtig groß geraten. Nimmt man das Zenfone heraus, liegen die Bildschirmdiagonalen zwischen 6,5 Zoll (16,51 cm) beim Realme GT 5G und 6,8 Zoll (17,27 cm) beim S21 Ultra. Ganz schöne Klopper, wenn man bedenkt, dass vor einigen Jahren 7 Zoll (17,78 cm) noch als Tablet-Format gesehen wurde.

Hertzlein wechsle dich

Die Hälfte der acht Testkandidaten, nämlich Apple, Google, OnePlus sowie Samsung, haben moderne LTPO-Bildschirme. Die Abkürzung steht für Low-Temperature Polycrystalline Oxid, auf Deutsch Niedertemperatur polykristallines Oxid. Damit ist eine spezielle Backplane-Technik gemeint, die in OLED-Displays verwendet wird und Displays in die Lage versetzt, die Bildwiederholrate flexibel zwischen 1 und 120 Hz zu regulieren. Sie steckten zuerst in Smartwatches von Apple. Die Displays von Apple-Smartphones beispielsweise können 10, 12, 15, 16, 20, 24, 30, 40, 48, 60, 80 und 120 Hertz anzeigen – je nach dargestelltem Inhalt. Unter 10 Hz regelt auch das Pixel 6 Pro nicht, selbst wenn etwa für das Always-on-Display auch 1 Hz ausreichen würde. Besser als eine fest eingestellt hohe Frequenz unabhängig vom aktuellen Inhalt ist das aber allemal, denn gut umgesetzt ist ein LTPO-Display ein sinnvoller Mix aus flüssiger Darstellung einerseits und geringerem Stromverbrauch andererseits. Asus, Realme, Sony und Xiaomi verwenden hingegen normale OLED-Panels, die zwar ebenfalls bis 120 Hz Bildschirmfrequenz darstellen können, aber eben fest und nicht dynamisch.

Mit einer 4K-Auflösung des Displays treibt Sony beim Xperia Pro-I das Pixelrennen auf die Spitze, so viele Bildpunkte bringen die anderen sieben nicht unter. Mehr als ein Superlativ ist das aber nicht: Unterschiede zwischen dem 4K-OLED des Sony und den WQHD-Displays von Samsung, Google und OnePlus sind mit bloßem Auge nicht auszumachen. Asus, Realme und Xiaomi belassen es bei der derzeit gängigen Untergrenze von 2400 mal 1080 Pixel, also etwas gestrecktes Full HD. Im Alltag stört das nicht, auch diese drei Bildschirme stellen Inhalte scharf und gut ablesbar dar. Die Farben sehen zwar je nach Voreinstellung unterschiedlich aus, die Darstellung ist aber durch die Bank an die eigenen Vorlieben anpassbar. Selbst wenn die Bildschirme von Realme und Sony einen Tick heller sein könnten: Die acht Displays sind allesamt hervorragend und mit das Beste, was man auf dem Smartphonemarkt findet.

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