c't 13/2022
S. 60
Titel
Quantencomputing: Start-ups
Bild: Albert Hulm

Durchgestartet

Quantencomputing-Start-ups haben große Pläne

Start-ups rund ums Quantencomputing forschen auf weitgehend unbekanntem Terrain. Sie tüfteln an Quantenprozessoren oder ganzen Quantenrechnern, bauen hoch spezialisierte Peripheriegeräte zum Messen und Kühlen oder entwickeln neuartige Algorithmen für künftige Quantencomputer. Ein Streifzug durch die Szene der Quantenpioniere.

Von Dorothee Wiegand

Auf dem Titelblatt der „Roadmap Quantencomputing“ der Bundesregierung glänzt eines dieser kronleuchterartigen Gebilde, das sofort die Assoziation „Quantencomputer!“ auslöst. Im Text ist die Rede von Kräftebündelung und großzügiger Förderung. Um jeden Preis, so scheint es, will die deutsche Regierung dafür sorgen, dass die Wirtschaft den Anschluss behält und nicht wie bei der klassischen Computertechnik insbesondere von den USA abgehängt wird.

So ist eine Vielzahl an Förderprogrammen, Projekten und Initiativen entstanden. Im März 2021 wurde etwa das „Munich Quantum Valley“ gegründet. Bis 2023 will man in München mit dem deutsch-finnischen Unternehmen IQM zusammen einen europäischen Quantencomputer mit supraleitenden Qubits in das Leibniz-Rechenzentrum integriert haben [1].

„EIN Quantum NRW“ heißt ein gerade erst gebildetes Quantencomputing-Netzwerk aus mehr als einem Dutzend Forschungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen und für das „Quantum Valley Lower Saxony“ stellen VolkswagenStiftung und Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur in den nächsten fünf Jahren 25 Millionen Euro für den Bau eines skalierbaren 50-Qubit-Quantencomputers zur Verfügung.

Allgemeinverständlich: Das Forschungsministerium fördert nicht nur viele Quantencomputing-Projekte in Wissenschaft und Industrie, sondern vermittelt auch Wissen rund um die komplexe Technik.
Allgemeinverständlich: Das Forschungsministerium fördert nicht nur viele Quantencomputing-Projekte in Wissenschaft und Industrie, sondern vermittelt auch Wissen rund um die komplexe Technik.

Brillante Quantenbeschleuniger

„Deutschland hat die weltweit besten Voraussetzungen, um ein führender Player im Bereich Quantencomputing zu werden – dank seiner starken Industrie und der großen Anzahl hervorragend ausgebildeter Ingenieure“, sagt Dr. Mark Mattingley-Scott, Europachef von Quantum Brilliance. Das deutsch-australische Unternehmen habe seine Europazentrale daher in Stuttgart eröffnet.

Quantum Brilliance hat sich auf Quantenbeschleuniger aus synthetischen Diamanten spezialisiert. Der Trick dabei sind geplante Unreinheiten: Wenn ein Stickstoffatom im Kristallgitter den Platz eines Kohlenstoffatoms einnimmt, entsteht am Platz eines benachbarten Kohlenstoffatoms eine Leerstelle. Die sogenannten Stickstoff-Fehlstellenzentren (englisch: nitrogen-vacancy center) oder NV-Zentren lassen sich nutzen, um Spin-Photon-Qubits zu erzeugen.

Dank der Stabilität der synthetischen Diamanten sind sie bei Raumtemperatur einsetzbar. So ist weder Kühlung noch Vakuum nötig, was wiederum kleinere Bauformen ermöglicht. Die erste Produktgeneration von Quantum Brilliance in der Größe eines 19-Zoll-Server-Rack-Moduls hat laut Hersteller Marktreife erreicht. Die nächste Generation soll nur noch so groß sein „wie eine Brotdose“.

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