c't 12/2022
S. 96
Test & Beratung
Smarte Türschlösser

Schlüsselmeister

Sechs smarte Türschlösser im Test

Ihnen ist das Herumgefummel mit dem Schlüsselbund zu lästig oder Ihre Kinder verbaseln gerne mal den Hausschlüssel? Oder planen Sie gar, Ihre Wochenendhütte fit für die Airbnb-Vermietung zu machen? Ein smartes Schloss-Update löst diese drei Probleme – und noch weitere.

Von Sven Hansen und Stefan Porteck

Es ist schon seltsam: Obwohl sich smarte Technik in fast allen Lebensbereichen durchgesetzt hat, nutzen wir für den Zugang zu den eigenen vier Wänden eine Technik, die ein paar hundert Jahre auf dem Buckel hat. Denn am Grundprinzip des mechanischen Schlüssels hat sich seit der Antike nichts geändert.

Es geht aber auch zeitgemäßer: Smart Locks schließen automatisch auf und zu und erlauben es, beliebig viele digitale Schlüssel anzulegen und auch wieder zu löschen. Sie lassen sich heutzutage gleich beim Neukauf einer Haustür fest einbauen. Wer aber gerade keinen Hausbau plant, zur Miete wohnt oder nur wenig Geld ausgeben will, muss trotzdem nicht auf eines der praktischsten Smart-Home-Gadgets verzichten: Die sechs hier getesteten smarten Türschlösser lassen sich einfach und an nahezu jeder Haus- oder Wohnungstür nachrüsten. Wir haben uns dabei auf Systeme beschränkt, die ohne zusätzliche Smart-Home-Zentrale nutzbar sind und in der Grundausstattung zumindest die Öffnung mit dem Smartphone per Bluetooth ermöglichen.

Bei Loqed, Nuki und Tedee sind die smarten Schlösser das Kernprodukt. Das Nuki Schloss gibt es schon in der dritten Generation (V3) – von den Spezialisten darf man also zu Recht ausgereifte Hardware und clevere Software erwarten. Mit den Nachrüstlösungen von Abus und Yale stehen zwei Kandidaten von Unternehmen auf dem Prüfstand, bei denen das Thema Sicherheit seit jeher auf den Fahnen steht. Yale hat sich vorwiegend in UK einen Namen als Hersteller von Alarmanlagen gemacht, Abus steht am deutschen Markt gewissermaßen als Synonym für Sicherheits- und Zugangstechnik. Das Eqiva Bluetooth Smart stammt vom Smart-Home-Spezialisten eQ-3. Da es baugleich schon Thema unseres Tests von 2018 war [1], schauten wir uns die erweiterte Version ekey uno & Eqiva an. In Kooperation mit ekey, einem österreichischen Hersteller von Fingerprint-Scannern, geht das Bundle technisch deutlich aufgerüstet und mit erweiterter App-Steuerung an den Start.

Ohne hämmern und bohren

Alle sechs Kandidaten rüsten bestehende Schließanlagen auf – doch der Installationsaufwand unterscheidet sich wie die technische Ausgestaltung der Schlösser erheblich. Bis auf das Schloss von Loqed passen alle Modelle praktisch an jede Tür. Dazu bedienen sie sich eines Kniffs: Ihr Motor dreht einen innen im Schloss steckenden Schlüssel.

Obacht: Viele Schließzylinder lassen sich von außen nicht öffnen, wenn innen ein Schlüssel steckt. Sollte dem Handy also unterwegs der Saft ausgehen oder man ignoriert die Batteriewarnungen der Schlösser über mehrere Wochen, steht man vor verriegelter Tür und kommt selbst mit einem Schlüssel nicht mehr hinein, da der Zylinder von innen blockiert ist.

Die Apps – hier von Eqiva – assistieren mit Schritt-für-Schrittanleitungen bei der Montage.
Die Apps – hier von Eqiva – assistieren mit Schritt-für-Schrittanleitungen bei der Montage.

Die Hersteller empfehlen daher einen Schließzylinder mit sogenannter „Not- und Gefahrenfunktion“. Solche Zylinder lassen sich beidseitig auch dann schließen, wenn ein Schlüssel von der anderen Seite steckt. Fehlt die Funktion im Bestandssystem, sollte man den Zylinder wechseln. Im Baumarkt bekommt man solche Schlösser je nach Sicherheitsklasse ab 40 Euro. Die Außen- und Innenlänge des neuen Zylinders muss jeweils denen des Bestandsschlosses entsprechen. Der Zylinder sollte aber nach außen nicht herausstehen, um Einbrechern möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.

Der Wechsel des Zylinders gelingt auch handwerklich Unbegabten im Handumdrehen. Man muss bei geöffneter Tür lediglich den Schlüssel einstecken und ihn ein wenig drehen, die Schraube unter dem Riegel herausdrehen und dann mit dem Schlüssel den Zylinder herausziehen. Die Schraube ist lang, denn sie sichert den Halt des Zylinders, indem sie ihn durchdringt und fast über die gesamte Breite des Schlosskastens verankert. Der neue Zylinder wird in umgekehrter Reihenfolge eingesetzt und mit der Schraube fixiert.

Die Geräte von eQ-3, Nuki und Yale werden über einen von innen im Schloss steckenden Schlüssel gestülpt. Soll die Tür über die App ver- oder entriegelt werden, drehen die Motoren einfach den Schlüssel in die passende Richtung. Halt finden sie durch eine Montageplatte, die man mit Madenschrauben an den leicht vorstehenden Schließzylinder klemmt oder zusätzlich mit Klebepads am Beschlag verklebt.

Auch Tedee und Abus lassen sich über einen Schlüssel stülpen. Doch statt eines kompletten Schlüssels nehmen sie nur einen Teil davon auf: Man muss einen Schlüssel mit einer Metallsäge oder einem Dremel köpfen, sodass nur der Schlüsselbart übrig bleibt. Letzterer muss noch etwa 5 Millimeter aus dem Zylinder ragen, damit der Antrieb greift.

Die Montageplatten bei Abus, Tedee und Yale sind aus Metall, bei eQ-3 und Nuki aus Kunststoff. Für den festen Halt an der Tür machte das Material bei unserem Test keinen Unterschied. Wenn man aber doch mal mit dem Henkel der Sporttasche am Schließsystem festhängt, garantiert die solide Befestigung, dass es an der Tür bleibt.

Tedee bietet außer der Variante mit abgesägtem Schlüssel einen passenden Schließzylinder mit Notöffnungsfunktion an. Tauscht man ihn gegen das vorhandene Modell aus, benötigt man keine zusätzliche Halterung an der Tür. Damit lässt sich das System auch dann einsetzen, wenn man die inneren Türbeschläge nicht mit der Montageplatte bekleben will.

Eine Sonderrolle in unserem Test nimmt das Smart Lock Touch von Loqed ein: Es ersetzt nicht nur den bestehenden Schließzylinder, sondern auch die inneren Beschläge der Tür sowie den inneren Türgriff. Der Einbau ist deshalb komplizierter, weil diese Teile zunächst demontiert werden müssen. Dank guter Video-Tutorials auf der Webseite des Herstellers stellt der Einbau aber keine unüberwindbare Hürde dar.

Um nicht erst nach dem Kauf zu bemerken, dass das Loqed nicht an die eigene Tür passt, sollte man auf der Webseite den Kompatibilitätstest ausführen. Er fragt mehrere Parameter und Abmessungen des Bestandsschlosses und der Türbeschläge ab und teilt danach mit, ob sich die Tür für das Loqed Smart Lock eignet.

Kopf ab! Bei einigen Kandidaten muss man einen Schlüssel opfern, der dem Antrieb das Öffnen und Schließen von innen ermöglicht.
Kopf ab! Bei einigen Kandidaten muss man einen Schlüssel opfern, der dem Antrieb das Öffnen und Schließen von innen ermöglicht.

Obwohl alle getesteten Smart Locks zum Aufstecken zumindest mechanisch auf alle gängigen Türen passen, garantiert das nicht, dass sie dort auch zuverlässig funktionieren. Besonders in alten Häusern mit massiven Holzrahmen lassen sich Schlösser je nach Jahreszeit oft nur schwergängig schließen, weil das Holz arbeitet und der Riegel deshalb im Rahmen schleift. Wer beim Aufsperren an der Tür drücken, heben oder ziehen muss, um den Schlüssel überhaupt drehen zu können, sollte die Tür von einem Tischler neu ausrichten lassen. Die Motoren der Testkandidaten haben entweder nicht genug Kraft, um gegen solch hohen Schließwiderstand anzuarbeiten, oder brechen den Schlüssel ab.

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