350 Millionen für KI
Niedersachsen präsentiert KI-Strategie
Roboter entlasten Pflegekräfte, Algorithmen warnen vor Hochwasser, Sensoren überwachen den Schweinestall: Mit 350 Millionen Euro will das Land Niedersachsen Projekte fördern, die künstliche Intelligenz zum Wohle des Menschen ersinnen.
Nahezu alle Bereiche des öffentlichen Lebens will die Landesregierung Niedersachsen mit Einsatz von künstlicher Intelligenz verbessern und meint damit vor allem eine „menschenzentrierte KI“, die Vertrauen schafft. In einem 116 Seiten starken Strategiepapier spannt sie den Bogen von Gesundheit und Pflege über Bildung, Umwelt- und Katastrophenschutz, Verkehr, lebenswerte Städte, effiziente Verwaltung, Justiz und Strafverfolgung bis hin zur Landwirtschaft.
Als Motor der Innovation dienen zwei wissenschaftliche Zentren, die Erkenntnisse aus Labor- und Feldversuchen ins echte Leben bringen sollen: Knapp 20 Millionen Euro fließen in die Labore des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Osnabrück und Oldenburg mit den Schwerpunkten Agrarrobotik und Sensoren.
Das Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN) in Oldenburg bekommt 35 Millionen Euro, um die Wirtschaft mit der Wissenschaft zu verbandeln. Der Schwerpunkt liegt auf intelligentem Wassermanagement (Pump- und Schöpfwerke, Hochwasservorhersage) sowie Sensorsystemen für Landwirtschaft und Nutztierhaltung auf Basis des europäischen Cloud-Projekts Gaia-X (DigiSchwein).
Im Bildungsbereich investiert das Land fünf Millionen Euro in den Aufbau einer adaptiven Lernplattform – inklusive Lernprogrammen, die individuelles Feedback zu Lösungswegen und Fehlerursachen geben sollen. Derselbe Betrag kommt der Erwachsenenbildung über den „Digital Campus Niedersachsen“ zugute. In Justiz und Verwaltung sollen Algorithmen Beweismaterial sichten und vorsortieren, etwa um Steuerbetrug zu erkennen (Tax Defense Analytics, TaDeA) oder auf sichergestellten Datenträgern nach Darstellungen von Kindesmissbrauch zu fahnden.
Das Bekenntnis zum Datenschutz beim Einsatz von KI ist eher zurückhaltend formuliert. Laut Wirtschafts- und Digitalisierungsminister Dr. Bernd Althusmann sei es „entscheidend, auch die politischen Rahmenbedingungen im Hinblick auf Datenschutz und Ethik aktiv zu gestalten, ohne dabei die Innovationen in Wissenschaft und Wirtschaft auszubremsen.“ Zudem skizziert das Strategiepapier nur recht allgemeine Ansätze, wie man das Dilemma zwischen Datensammeln und -schützen in sensiblen Bereichen wie dem Gesundheitswesen lösen könnte.
Die umstrittene Echtzeit-Personenerkennung im öffentlichen Raum scheint vorerst passé, die Technik bleibt: Videoüberwachung soll nun zur „Sicherheit und Suizidprävention“ in Justizvollzugsanstalten getestet werden. (atr@ct.de)
KI-Strategiepaper: ct.de/y52b