c't 1/2022
S. 96
Test & Beratung
Digitale Teleskope
Bild: Robert Schumann, Sternwarte Hannover

Der Blick zum Himmel

Was Sie beim Kauf eines Teleskops beachten sollten

Ein Blick durchs Teleskop offenbart Mondkrater, Saturnringe und die Monde des Jupiters. Geräte mit digitaler Steuerung für Foto-Stacking und Langzeitbelichtung machen sogar weit entfernte Nebel und Galaxien sichtbar. Eine Kaufberatung mit Marktübersicht führt ein ins Thema Astronomie.

Von André Kramer

Nahezu jeder hat schon einmal in die Sterne geschaut, kaum jemand kauft jedoch ein Teleskop. Denn zu komplex mutet anfangs das Fachchinesisch zu Brennweite, Gesichtsfeld und Montierung an, das vor dem Kauf verstanden werden will. Schließlich handelt es sich bei den Fernrohren für die Sterne um wissenschaftliche Instrumente. Der Artikel vermittelt das nötige Grundwissen, um bei der Entscheidung für ein Gerät zu helfen.

Beim Blick durch ein preisgünstiges Teleskop sieht vor allem der Mond schon gut aus. Sichtbar sind außerdem große und nahe Himmelskörper, zum Beispiel Jupiter, Saturn und Mars. Sie am Nachthimmel zu finden und zu erkennen erfordert aber bereits etwas Erfahrung. Um sich mit dem Nachthimmel vertraut zu machen, empfiehlt sich zunächst ein guter Feldstecher und für erste Fotoerfolge eine Systemkamera mit Teleobjektiv. Die Orientierung erleichtern kostenlose Apps wie Sterntaufe für Android beziehungsweise Star Finder für iOS. Eine Vielzahl von Webseiten und Büchern erklärt die Phänomene des Nachthimmels. Der Fernrohr-Führerschein vermittelt Grundwissen in Form eines Ringbuchs. Der Münchner Händler Astroshop.de steuert etliche praxisnahe Artikel bei. Eine gut aufbereitete Übersicht für junge Leute liefert der Teleskophersteller Bresser aus Rhede im Münsterland auf seiner Webseite (siehe ct.de/yebp).

Apps wie Sterntaufe erleichtern Neulingen die Orientierung am Nachthimmel. Sie blenden Sternbilder, den Mond und Planeten ein.
Auf der Webseite des Teleskopherstellers Bresser (www.bresser.de) können sich Astronomiefans kostenlos und interaktiv über wichtige Grundlagen informieren.

Ein Teleskop offenbart Details weit entfernter Objekte. Die erdnahen Planeten innerhalb des Sonnensystems gehören noch zu den verhältnismäßig leicht zu beobachtenden Einstiegsobjekten. Kometen und mehrere Millionen Lichtjahre entfernte Galaxien zeigen sich so blass am Nachthimmel, dass sie mit bloßen Augen kaum zu erkennen sind. Der Orionnebel oder der Andromedanebel wirken wie graue Wolken oder wie ein Fingerabdruck auf dem Objektiv, wenn man sie überhaupt identifiziert. Teleskope, die sich für die Beobachtung solch lichtschwacher Objekte eignen, kosten mehr als nur für Planeten geeignete Geräte. Sie sind mit lichtstarker Optik, stabilen Stativen und Montierungen sowie elektronischen Nachführsystemen ausgestattet.

Vor der Anschaffung sollten Sie genau überlegen, wie hoch Erwartungen und Budget sind, damit Sie nicht das falsche Teleskop kaufen, einmal hindurchschauen und es danach in den Keller schaffen – denn dann ist auch die günstigste Anschaffung rausgeschmissenes Geld. Die Produktbezeichnungen der Teleskope verraten die wichtigsten technischen Details, die weiter unten erklärt werden.

Zum ungefähren Preisrahmen: Für bis zu 200 Euro bekommt man Teleskope mit eher wackeligem Stativ, mit denen sich der Mond und erdnahe Planeten beobachten lassen. Um die 400 Euro kosten stabile Fernrohre mit großer Optik, die sich für die Beobachtung von lichtschwächeren Himmelsobjekten eignet. Im Preisrahmen bis 800 Euro kommt optional eine Montierung hinzu, die Astrofotografie ermöglicht, indem sie die Erddrehung ausgleicht und Sterne automatisch nachführt. Fehlt sie, erscheinen Himmelskörper im Foto nicht rund, sondern eher oval beziehungsweise es wird eine Spur der Bahn abgelichtet. Computergesteuerte Teleskope, die auf Befehl über eine Smartphone-App automatisch Objekte anfahren, kosten mindestens 1000 Euro. Für 4000 Euro gibt es Teleskope mit integrierter Digitalkamera, die Himmelsobjekte über eine App ansteuern und Fotos direkt an die App senden. Teleskope für 50.000 Euro und mehr sind schon aufgrund des Preises in erster Linie für Sternwarten und ähnliche Institutionen gedacht. Mit professioneller Ausrüstung machte beispielsweise Robert Schumann von der Sternwarte Hannover das Sonnenfoto im Aufmacher dieses Artikels.

Die Tabelle fasst exemplarisch Geräte verschiedener Hersteller zusammen, wobei alle Anbieter umfassende, zuweilen auch modulare Produktlinien entwickeln. Sky-Watcher und Bresser bieten beispielsweise Upgrades zur elektronischen Nachführung des Teleskops an. Celestron verkauft lieber Komplettlösungen, bietet aber eine halbautomatische Nachführung per Smartphone-App. Geräte von Omegon, der Eigenmarke von Astroshop.de, kommen ohne elektronische Steuerung. Passionierte Hobbyastronomen kaufen vielfach alle Komponenten einzeln, manche steuern sogar das Teleskop selbst über einen Arduino. Die Sternwarte Hannover betrieb seit den Achtzigerjahren bis 2019 eine Selbstbaulösung über einen Atari ST. Egal, wie man es macht: Stative, Montierungen und Steuerungen stehen auch im Set zum Verkauf.

Hauptmerkmale: Brennweite und Vergrößerung

Als wichtigstes Merkmal des Teleskops gilt seine Öffnung: Je größer die Öffnung, desto mehr Licht sammelt der Tubus ein und desto größer ist dessen Auflösungsvermögen. In der Regel geben Hersteller die Öffnung in Millimetern an, in Ausnahmefällen auch in Zoll. Zur Beobachtung von Mondkratern sollte sie mindestens 60 mm betragen, für die Ringe des Saturn oder die Scheiben des Jupiters mindestens 70 mm und für Deep-Sky-Objekte wie Kugelsternhaufen oder Galaxien mindestens 90 mm. Die gehobene Amateurszene schwört auf 200 mm Öffnung.

Die Brennweite des Tubus ist vergleichbar mit der Brennweite des Teleobjektivs einer Digitalkamera. Bauartbedingt kommen Einsteigerteleskope mit Brennweiten von 700 bis 1000 mm. Die Hersteller geben in ihren Modellbezeichnungen beide Werte in Kombination an: Das „Bresser Space Explorer 150/750“ verweist auf eine 150 mm messende Öffnung und 750 mm Teleskopbrennweite.

Die Werte bedingen einander. Astronomen ermitteln die Lichtstärke eines Teleskops aus der Brennweite und der Größe der Öffnung. Bei einer langen Brennweite von 900 mm geteilt durch eine Öffnung von 100 mm ergibt sich bei 900/100 = 9 ein Öffnungsverhältnis von 1:9. Lichtstarke Teleskope wie der oben genannte Space Explorer erreichen ein besseres Verhältnis von 1:5, manche gar 1:4.

Anders als bei Digitalkameras gilt es bei Teleskopen, zwei Brennweiten zu beachten. Die Vergrößerung eines Teleskops errechnet sich aus der Brennweite des Tubus, des eigentlichen Teleskops, geteilt durch die Brennweite des Okulars, einer kleinen Optik, die auf den Tubus aufgesteckt wird. Üblicherweise verwenden Hobbyastronomen mehrere Okulare von 5 Millimeter bis 25 Millimeter Brennweite. 1000 Millimeter Teleskopbrennweite und 20 Millimeter Okularbrennweite ergeben somit 50-fache Vergrößerung. Bei 5 Millimeter Okularbrennweite erhöht sich die Vergrößerung auf das 200-Fache.

Kommentare lesen (2 Beiträge)