c't 1/2022
S. 36
Aktuell
Websperren

Bahn frei für Websperren

Gerichtsurteil: Pornoportale müssen wirksamen Jugendmedienschutz einrichten

Die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen will Pornoportale in Deutschland sperren lassen, die das Alter ihrer Besucher nicht wirksam überprüfen. In drei Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf der Behörde nun recht gegeben. Websperren werden daher immer wahrscheinlicher.

Von Torsten Kleinz

Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM), hatte sich 2020 zum Ziel gesetzt, die in Deutschland geltenden Jugendschutzvorschriften bei den Pornoportalen mit großer Reichweite in Deutschland durchzusetzen. Jugendgefährdende Inhalte dürfen hierzulande nur Personen zur Verfügung gestellt werden, deren Volljährigkeit mit einem zertifizierten Verfahren sichergestellt wurde. Jedoch kamen diese Regeln bei Onlinepornografie kaum zur Anwendung, weil der Markt fast komplett von ausländischen Anbietern dominiert wird.

Die Alters-„Verifikation“ bei Pornhub besteht aus einem Dialog, den man einfach wegklicken kann.

Einige der Betreiberunternehmen haben sich im EU-Staat Zypern angesiedelt, darunter zwei Unternehmen, die die drei Portale Pornhub, YouPorn und Mydirtyhobby betreiben. Sie berufen sich auf das sogenannte Herkunftslandprinzip. Demnach gelten für Internetanbieter aus einem EU-Mitgliedstaat nur die dortigen Regeln.

Grenzüberschreitender Jugendschutz

Nach Auffassung der LfM dagegen gilt das strengere deutsche Jugendmedienschutzrecht. Sie hat daher Bescheide erlassen, nach denen die Unternehmen eine wirksame Altersverifikation einrichten oder die Verbreitung der Portale in Deutschland einstellen müssen. Dagegen haben diese geklagt.

Wie brisant die Entscheidung ist, merkt man schon an der Verfahrensdauer. Allein die Eilverfahren benötigten mehr als ein Jahr, in dem beide Seiten umfangreiche Schriftsätze eingereicht hatten. Die Unternehmen sehen nicht sich, sondern die Eltern in der Pflicht, Jugendliche vom Konsum der Pornoinhalte abzuhalten. Dazu haben sie ihre Seiten mit Jugendschutzlabeln gekennzeichnet. Eltern könnten auf den Geräten ihrer Kinder spezielle Jugendschutz-Software einrichten, die auf Basis solcher Labels Inhalte sperrt. Ohne einen solchen Filter genügt ein Klick, um die Portale zu betreten.

Die Düsseldorfer Richter verwarfen in den Entscheidungen die Einwände. Die von den Pornoportalen eingerichteten Mechanismen seien nicht hinreichend, da nur 15 bis 25 Prozent der Eltern in Deutschland solche Filter einsetzten. Deutsche Behörden sind ihrem Urteil nach berechtigt, den Pornokonsum einzuschränken.

Provider warten auf Sperrverfügung

Die in Düsseldorf verhandelte Untersagung der Verbreitung ist nur der erste Schritt zu Sperren. Formell könnten die Portale weitere Sanktionen vermeiden, indem sie nun Altersverifikationssysteme nachrüsten oder deutsche Nutzer aussperren. Passiert das nicht, müssen die Behörden zunächst versuchen, die Hostingprovider zur Sperre der Portale in Deutschland heranzuziehen. Erst dann können sie eine offizielle Sperrverfügung für deutsche Zugangsanbieter erlassen.

Die LfM versucht aber, das Verfahren abzukürzen. Sie hatte bereits 2020 Schreiben an die größten Internetzugangsanbieter in Deutschland versandt, um eine freiwillige Sperre zu erreichen – ohne Erfolg. Nach dem Sieg in Düsseldorf hat die Behörde erneut „Informationsschreiben“ versandt, in denen die Provider aufgefordert werden, die Verbreitung der beanstandeten Portale einzustellen.

Dass die Zugangsanbieter Websites auf behördlichen Zuruf sperren, ist allerdings unwahrscheinlich. Auf Anfrage von c’t erklärte ein Sprecher der Deutschen Telekom, dass man sich an geltende rechtliche Grundlagen halte. Sperren kämen nur in Betracht, wenn diese rechtskräftig angeordnet werden. „Allerdings stehen wir solchen Netzsperren kritisch gegenüber“, ergänzte der Unternehmenssprecher. Vodafone Deutschland arbeitet derzeit an einer rechtlichen Bewertung, in der die neuen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts einfließen soll. Hierzu will das Unternehmen Akteneinsicht beantragen.

Ein viertes Porno-Portal könnte unterdessen schneller gesperrt werden. Die Betreiber von xHamster waren nicht gegen die Untersagungsverfügung aus Düsseldorf vorgegangen. Hier hat die LfM bereits den eigentlichen Hostingprovider ermittelt. Auf behördliche Schreiben hat der Anbieter nicht reagiert, weshalb die Behörde demnächst die Sperrung anordnen dürfte. Wann das passiert, konnte sie auf Anfrage von c’t jedoch nicht mitteilen. (jo@ct.de)

Urteil: ct.de/yuwg

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