c't 8/2021
S. 34
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

Gute Halbleiter-Nach­richten und ein brennendes Rechenzentrum

Apple, Bosch und Google investieren kräftig in Deutschland. AMD bringt die dritte Epyc-­Generation und der Brand im Rechenzentrum von OVHcloud zeigt wieder einmal, dass Backups wichtig sind.

Von Christof Windeck

Ab Ende 2021 will Bosch in Dresden Halbleiterchips in Serie fertigen, vor allem für Autos: Die nagelneue „Fab“, in die Bosch rund 1 Milliarde Euro investiert hat, läuft bereits im Probebetrieb. Bosch produziert dort beispielsweise Leistungshalbleiter für elektrische Antriebe sowie ASICs; die offizielle Einweihung ist im Juni geplant. In München wiederum freut man sich über Apple-Investitionen (siehe S. 35): Dort entsteht die europäische Entwicklungszentrale des Konzerns. Nur 300 Meter entfernt im ehemaligen „Postpalast“ an der Arnulfstraße baut bereits Google, um 1500 Mitarbeiter unterzubringen.

Brand im OVHcloud-Rechenzentrum SBG-2 im Rheinhafen von Straßburg: Cloud-Server schweben nicht unangreifbar in den Wolken.
Bild: Twitter/Sapeurs-pompiers du Bas-Rhin (@sdis67)

Auch Rechenzentren boomen hierzulande, ganz besonders in Frankfurt, wie in c’t 6/2021 auf Seite 43 berichtet. Einen schweren Rückschlag muss der franzö­sische Webhosting- und Cloud-Anbieter OVHcloud (früher OVH) verdauen: Am 10. März brannte sein Rechenzentrum SBG-2 im Rheinhafen von Straßburg fast komplett ab. Auch das unmittelbar benachbarte ­Gebäude SBG-1 erlitt Schäden und die ­Gebäude SBG-3 und SBG-4 waren tagelang von Strom- und Datennetzen getrennt. Schon 2017 hatte OVHcloud in Straßburg mit einem Stromausfall zu kämpfen.

OVHcloud montiert seine Server selbst, und zwar auf Basis von Super­micro-Mainboards sowie mit direkter Wasserkühlung der Prozessoren. OVHcloud hat auch das mehrstöckige SBG-2-Gebäude nach eigenen Konzepten bauen lassen, um die Server ohne stromdurstige Kältemaschinen nur mit Außenluft zu kühlen. Man untersucht nun, ob dieser Aufbau des Rechenzentrums die Ausbreitung des Feuers beschleunigt hat. Es brach vermutlich in einem kurz zuvor reparierten Wechselrichter aus.

Das brennende Rechenzentrum führt vor Augen, dass die Cloud nicht metaphysisch über den Wolken schwebt, sondern ein zutiefst irdisches Dasein fristet. Der Brand hat eine Menge Daten unwiederbringlich vernichtet, etwa die jüngsten Spielstände des PC-Spiels Rust. Angeblich verloren auch russische Hackergruppen einen Teil ihrer „Command & Control“-­Server. Man spekuliert sogar über Zusammenhänge mit den im Sommer 2020 von Behörden geknackten Encrochat-Smartphones, deren Daten zu mehreren Ermittlungserfolgen gegen organisierte Kriminalität und Drogenhandel beitrugen. Dafür hatten die Ermittlerteams schon 2019 Encrochat-Server manipuliert, die in einem OVHcloud-Rechenzentrum in Roubaix liefen.

Dritte Epyc-Generation

Auch für solche Cloud-Rechenzentren hat AMD „Milan“ vorgestellt, die dritte Generation der Epyc-Serverprozessoren (siehe S. 38). Es bleibt bei 64 Kernen, aber die Zen-3-Technik bringt deutliche Verbesserungen. AMD zieht viele Vergleiche zu Intels Xeon-SP der zweiten Generation, die sehr vorteilhaft für den Epyc 7003 ausgehen. Der wichtigere Gegner folgt aber in einigen Monaten: Intels 10-Nanometer-­Xeon Ice Lake-SP mit PCIe 4.0.

Intel punktet zudem mit einigen Cloud-Großprojekten, bei denen die bisher Xeon-exklusiven „Software Guard Extensions“ (SGX) für kryptografisch gesicherte RAM-Enklaven eine Rolle spielen, etwa bei der elektronischen Patientenakte (ePA). Doch auch AMD verfeinert „Secure Encrypted Virtualization“ (SEV) immer weiter, was Google und Microsoft für „Confidential Computing“ in ihren Clouds nutzen, also für virtuelle Maschinen mit verschlüsseltem RAM. Letzteres schützt auch vor Seitenkanalangriffen wie Spectre und Meltdown. Kürzlich tauchte wieder eine exotische Attacke auf: „Lord of the Rings“ belauscht den Ringbus, der die einzelnen Kerne bei vielen (aber nicht allen) Intel-Prozessoren intern verbindet. Die Forscher der Uni Illinois bekamen dafür sogar Fördergeld von Intel, die offenbar wenig dramatische Sicherheitslücke aber nicht einmal eine CVE-Nummer.

Bei Intels PC-Prozessoren steht als nächster Generationswechsel nach Rocket Lake (S. 36) im Herbst Alder Lake an. Diese zwölfte Core-i-Generation passt auf Mainboards mit der Fassung LGA1700 sowie mit PCI Express 5.0 und DDR5-RAM. Nun sickerten weitere Codenamen durch: Angeblich ist 2022 Raptor Lake zu erwarten, auf den 2023 wie schon bisher bekannt Meteor Lake folgt – als Intels ­erster 7-Nanometer-Typ. Für 2024 steht demnach Lunar Lake auf der Roadmap. (ciw@ct.de)

Bit-Rauschen als Audio-Podcast: ct.de/yp98

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