c't 6/2021
S. 40
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

Abermilliarden an Chip-Investitionen geplant, DDR5 im Anmarsch

Halbleiter-Auftragsfertiger ­wollen 2021 über 60 Milliarden US-Dollar investieren, aber ­manche Chips dürften trotzdem noch monatelang knapp bleiben. AMD und Intel könnten in diesem Jahr erste ­Prozessoren für DDR5-RAM bringen.

Von Christof Windeck

Die Investitionen in Chip-Fertigungswerke klettern in schwindelerregende Höhen. Der gewaltige Bedarf an Halbleiterbauelementen führt nicht nur bei IT-­Komponenten wie Grafikkarten zu Lieferschwierigkeiten, sondern etwa auch bei Autos. Manche Pkw-Hersteller mussten mangels Chips zeitweise Werke schließen. VW beschwerte sich bitterlich über Zulieferer – vermutlich Continental und Bosch­ –, die nicht rechtzeitig Chips bestellt hätten. Künftig will VW direkt mit Chipherstellern sprechen.

Die modernste ­europäische Chip-Fab ist Intels Fab 24 in Irland; im ­Hintergrund entsteht die Fab 34, vermutlich für 7-Nanometer-­Chips.
Bild: Intel Irland

Bei den großen Auftragsfertigern (Foundries) machen „Automotive“-Chips nur kleine Teile vom Umsatz aus, bei TSMC etwa nur 3 bis 4 Prozent. Als im zweiten Quartal 2020 die Auto-Aufträge einbrachen, hat man die Kapazitäten auf andere Produkte verlagert – und als die Nachfrage ab Herbst wieder anzog, wurden Chips knapp. Ein ähnliches Bild zeichnet der viel kleinere europäische Auftragsfertiger X-Fab, der fast die Hälfte seines Umsatzes mit Kfz-Halbleitern erzielt und sich nach deutlichem Rückgang Mitte 2020 nun über starke Nachfrage freut. Auch in der neuen Bosch-Fab in Dresden läuft mittlerweile der Testbetrieb.

Die großen Foundries bauen ihre Fertigungskapazitäten mit Hochdruck aus: Der Weltmarktführer TSMC will im Jahr 2021 satte 28 Milliarden US-Dollar ausgeben nach 17 Milliarden im Jahr 2020. Samsung steckt sogar 30 Milliarden in seine Semiconductor-Sparte. UMC, die Nummer 3 der Auftragsfertiger, plant Investitionen von 1 Milliarde US-Dollar und Globalfoundries – auf Rang 4 – will sein Dresdner Werk für 1 Milliarde Euro ausbauen.

Doch eine neu gebaute Fab stößt frühestens nach zwei Jahren Chips aus; das hilft gegen die aktuelle Knappheit nicht. Manche hoffen aber, dass lokale Fabs langfristig die Versorgung sichern helfen. Die US-Regierung hatte schon unter Präsident Trump mit TSMC den Bau einer 12 Milliarden US-Dollar teuren Fab in Phoenix/Arizona ausgehandelt; 3,5 Milliarden sollen 2021 fließen, 2024 soll die Fertigung anlaufen. In und um Phoenix betreiben unter anderem auch Intel, Microchip und NXP eigene Fabs. Samsung wiederum will in den USA rund 17 Milliarden US-Dollar investieren, vermutlich in Austin/Texas, wo bereits die größte Samsung-Fab außerhalb Koreas steht (und mit Kälte-Ausfällen kämpfte).

Die EU denkt nun ebenfalls größer und plant über 100 Milliarden Euro Beihilfen für mehr heimische Chipfertigung. Dieses „Important Project of Common European Interest“ (IPCEI Mikroelektronik-II) soll über mehrere Jahre laufen und die digitale Souveränität stärken, also die Abhängigkeit von Zulieferern aus den USA und vor allem aus China verringern. Dabei verhandelt die EU nun wohl ebenfalls mit TSMC und Samsung, weil eine Ansiedelung eines Werks dieser etablierten Auftragsfertiger schneller zu bewerkstelligen wäre als der Aufbau einer eigenen europäischen Fertigungstechnik. Die jeweiligen Verfahren der Hersteller sind durch tausende Patente geschützt, allein TSMC soll rund 40.000 Patente halten.

Spannend aus der EU-Perspektive: Auch Intel baut seinen irischen Standort Leixlip derzeit aus, dort entsteht für rund 8,6 Milliarden US-Dollar die Fab 34. Das Gebäude ist deutlich höher als die der älteren Fabs 10, 14 und 24 am gleichen Standort; womöglich bereitet sich Intel auf die riesigen EUV-Lithografiesysteme mit hoher numerischer Apertur (High NA) vor, die zur Belichtung von 3-Nanometer-­Strukturen nötig werden könnten.

Alder-Lake-Gerüchte

Im Herbst will Intel die zwölfte Core-i-­Generation Alder Lake bringen, mit dann quasi schon traditioneller 10-Nanometer-­Technik. Alder Lake verspricht spannende Neuerungen, nämlich die Kombination von je bis zu acht starken „Golden Cove“- und effizienten „Gracemont“-Prozessorkernen. Angeblich sollen letztere ungefähr das Leistungsniveau der sechs Jahre alten Skylake-Kerne erreichen und Golden Cove soll pro Taktzyklus schneller sein als die aktuellen Tiger Lakes (mit Willow Cove). Dazu kommt DDR5-RAM und vielleicht sogar PCIe 5.0 bei den passenden LGA1700-­Mainboards mit Serie-600-­Chipsätzen. Vermutlich wird es in einer Übergangsphase auch noch DDR4-­Versionen dieser Boards geben. AMD dürfte dann mit den ersten Ryzen-­6000-Typen für die Fassung AM5 ebenfalls den Umstieg auf schnelleren DDR5-Speicher einläuten. Möglicherweise kommt dabei erst noch ein 7-Nanometer-Zwischenschritt mit Zen 3+ und dem Codenamen Warhol, bevor Raphael mit Zen-4-Technik dann der erste x86-Prozessor mit 5-Nanometer-Technik wird. (ciw@ct.de)

Bit-Rauschen als Audio-Podcast: ct.de/yhy4

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