c't 5/2021
S. 3
Standpunkt

Online-Handel: Monheimer Lokalhelden

Wir befinden uns im Jahre 2021. Ganz Deutschland kauft bei Amazon und eBay ein ... ganz Deutschland? Nein! Ein von unbeugsamen Teutonen bevölkertes Städtchen namens Monheim am Rhein hört nicht auf, den US-Plattformen Widerstand zu leisten.

Laut eStrategy Consulting haben sich in der 41.000 Einwohner zählenden Gemeinde nämlich die meisten Händler vor Ort auf einem gemeinsamen Online-Marktplatz zusammengeschlossen. Kunden finden dort Waren von 322 lokalen Anbietern. Nach ein paar Mausklicks holen sie ihren Wein vom Lädchen um die Ecke ab oder lassen ihn sich am selben Tag noch liefern.

Doch in den meisten Städten ist das Utopie. Viele Gemeinden erstarren vor der drohenden Verödung ihrer Innenstädte wie das Kaninchen vor der Schlange. Gewiss: Es gibt hunderte Initiativen, die den Schuster vor Ort in eCommerce schulen und Tante Emma Tipps für ihren Online-Shop geben. Doch einzeln haben sie gegen globale Marken wie Amazon und eBay keine Chance.

Es reicht einfach nicht aus, wenn Städte für die Digitalisierung lediglich einen "Kümmerer" engagieren, denn der kann nur den Mangel verwalten. Digitale Marktplätze sind mittlerweile genauso wichtig für die Infrastruktur einer Stadt wie Straßen, öffentlicher Nahverkehr und Fußgängerzonen – ihr Ausbau braucht ebenso viel Personal und Finanzmittel.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier scheint das Problem immerhin erkannt zu haben. Doch statt in Hektik zu verfallen, lädt er Beteiligte erst mal gemütlich an einen runden Tisch, um neue Konzepte zu diskutieren – bis Mitte 2022.

Dass es schneller geht, zeigt unser Nachbar Luxemburg: Dort initiierte Atalanda, der deutsche Plattformbetreiber der "Monheimer Lokalhelden", gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium und Kommunen eine lokale Verkaufsplattform namens Letzshop. Um Luxemburger auf die Plattform zu locken, spendierte der Staat jedem Einwohner einen 50-Euro-Gutschein. Das wäre auch hier­zulande ein Klacks im Vergleich zu den 1,4 Bazooka-­Billionen, die die Regierung zur Stützung der Wirtschaft verpulvert.

Hartmut Gieselmann

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