c't 4/2021
S. 32
Aktuell
Notebooks
Lisa Su, Chefin des Chipherstellers AMDBild: AMD

Mobilschwemme

Chips und Trends für Notebooks des Jahres 2021

Die Branchengrößen AMD, Intel und Nvidia haben zu Jahres­beginn neue Mobilkomponenten vorgestellt. Die Notebook­hersteller setzen diese breit ein, bringen aber auch eine ­weitere lobenswerte Neuerung in alle Kategorien: bessere ­Bildschirme mit mehr Höhe.

Von Florian Müssig

Genau ein Jahr, nachdem die Ankündigung der leistungsstarken Ryzen-­4000-Prozessoren den Notebookmarkt ordentlich durcheinandergewirbelt hat, legt AMD nach: Auf der diesjährigen Technikmesse CES, die corona­bedingt im Internet statt in Las Vegas ­stattfand, hat AMD-Chefin Lisa Su die Ryzen-5000-­Generation für Notebooks enthüllt.

Damit wechselt AMD jetzt auch bei den mobilen CPU-Kernen von der ­Zen-­2- auf die Zen-3-Architektur samt ihren ­gewachsenen Cache-Größen. Diese Kombination sorgte bei den seit Herbst verfügbaren Ryzen-5000-Prozessoren für Desktop-PCs für einen weiteren Per­formance-Schub. Ein solcher ist auch für Notebooks zu erwarten, wenngleich unabhängige Benchmark-Ergebnisse bislang noch ausstehen.

Allerdings stiftet AMD im CPU-Portfolio Verwirrung. Bei den Ryzen-5000U-­Prozessoren für flache Notebooks (15-Watt-Klasse) kommt die Zen-3-Architektur nämlich nicht in allen Modellen zum Einsatz, sondern nur bei den „Cezanne“-Typen, deren Modellnummer an zweiter Stelle eine gerade Ziffer aufweist – also im Achtkerner Ryzen 7 5800U und im Sechskerner Ryzen 5 5600U.

AMD Ryzen 5000 für Notebooks
Modell Kerne / Threads (Core) TDP Basistakt max. Turbotakt L3-Cache GPU: CUs / max. Turbotakt
Ryzen 9 5980HX 8 / 16 (Zen 3) 45 W+ 3,3 GHz 4,8 GHz 16 MByte 8 / 2,1 GHz
Ryzen 9 5900HX 8 / 16 (Zen 3) 45 W+ 3,3 GHz 4,6 GHz 16 MByte 8 / 2,1 GHz
Ryzen 7 5800H 8 / 16 (Zen 3) 45 W 3,2 GHz 4,4 GHz 16 MByte 8 / 2,0 GHz
Ryzen 5 5600H 6 / 12 (Zen 3) 45 W 3,3 GHz 4,2 GHz 16 MByte 7 / 1,8 GHz
Ryzen 9 5980HS 8 / 16 (Zen 3) 35 W 3,0 GHz 4,8 GHz 16 MByte 8 / 2,1 GHz
Ryzen 9 5900HS 8 / 16 (Zen 3) 35 W 3,0 GHz 4,6 GHz 16 MByte 8 / 2,1 GHz
Ryzen 7 5800HS 8 / 16 (Zen 3) 35 W 2,8 GHz 4,4 GHz 16 MByte 8 / 2,0 GHz
Ryzen 5 5600HS 6 / 12 (Zen 3) 35 W 3,0 GHz 4,2 GHz 16 MByte 7 / 1,8 GHz
Ryzen 7 5800U 8 / 16 (Zen 3) 15 W 1,9 GHz 4,4 GHz 16 MByte 8 / 2,0 GHz
Ryzen 7 5700U 8 / 16 (Zen 2) 15 W 1,8 GHz 4,3 GHz 8 MByte 8 / 1,9 GHz
Ryzen 5 5600U 6 / 12 (Zen 3) 15 W 2,3 GHz 4,2 GHz 16 MByte 7 / 1,8 GHz
Ryzen 5 5500U 6 / 12 (Zen 2) 15 W 2,1 GHz 4,0 GHz 8 MByte 7 / 1,8 GHz
Ryzen 3 5300U 4 / 8 (Zen 2) 15 W 2,6 GHz 3,8 GHz 8 MByte 6 / 1,5 GHz

Im Ryzen 7 5700U, Ryzen 5 5500U und Ryzen 3 5300U stecken hingegen acht, sechs beziehungsweise vier Kerne der bisherigen Zen-2-Architektur (Lucienne). Angesichts dessen, wie gut sich Ryzen-­4000-Prozessoren selbst gegen Intels erst im September gestartete elfte Core-i-Generation behaupten können, werden sie dennoch eine hohe Performance liefern – die Zen-3-Ryzens dürften aber noch flotter sein. Auch steht zu erwarten, dass Ryzen-5000U-Notebooks erst einmal mit Zen-2-CPUs starten – analog zu 2020, als es zuerst nur Ryzen-4000U-CPUs ohne SMT (Simultaneous Multithreading) gab. Bei Ryzen 5000 ist SMT immer aktiv und damit kein Unterscheidungsmerkmal mehr. Zudem steckt Ryzen 5000 in denselben BGA-Gehäusen wie Ryzen 4000 und lässt sich damit in denselben Barebones verwenden.

Wie üblich enthalten die Notebookprozessoren eine integrierte Grafikeinheit, doch abseits erhöhter Taktraten hat sich gegenüber Ryzen 4000 (Renoir) nicht allzu viel geändert hat: Es gibt weiterhin maximal acht GPU-Kerne mit „Vega“-­Innenleben. Modernere RDNA(2)-Architektur darf man also frühestens bei der nächsten Chipgeneration erwarten.

Im kompakten 13-Zöller Asus RoG Flow X13 arbeiten AMDs neue Ryzen-5000-Prozessoren.
Bild: Asus

Gaming-Power

Bei den leistungsstärkeren Ryzen-5000H-­Modellen (45-Watt-Klasse) gibt es keine unterschiedlichen CPU-Kerne: Dort findet man durchgängig Zen 3 vor (und auch SMT). Angesichts des Fokus auf potente Notebooks gibt es dort auch keine Quad-Cores, sondern mindestens sechs Kerne (Ryzen 5).

Neu ist ein weiteres CPU-Derivat am oberen Ende der H-Skala: Die beiden Achtkerner Ryzen 9 5900HX und 5980HX sind die Gegenstücke zu Intels HK-Modellen und kommen wie diese ohne Multiplikatorsperre daher. Das erlaubt besonders leistungsstarke Notebooks mit ab Werk übertakteten Prozessoren, die dort dank dicker Kühlsysteme auch mehr als 45 Watt schlucken dürfen.

Wie schon bei Ryzen 4000 bietet AMD mit den HS-Derivaten auch wieder potente Ryzen-5000-Modelle an, die mit 35 Watt TDP spezifiziert sind. Sie sind für kompakte 13- bis 15-Zöller gedacht, die man ohne Rückenschmerzrisiko täglich mitnehmen kann, aber dank eines Mittelklasse-Grafikchips dennoch genug 3D-­Power zum Zocken liefern.

Intels CPUs der Baureihe Tiger Lake-H35 kommen unter anderem im Acer Predator Helios 300 zum Einsatz.
Bild: Acer

Konter in beide Richtungen

Diese Geräteklasse war mit ihrem Kompromiss aus Mobilität und Spieletauglichkeit zuletzt sogar so erfolgreich, dass Konkurrent Intel sich jetzt auch gezielt dieses Konzepts annimmt: „Tiger Lake-H35“ ist ebenfalls ein spezielles 35-Watt-Derivat seiner Notebook-CPUs. Allerdings handelt es dabei nicht um Prozessoren mit sechs oder acht Kernen wie bei AMD, ­sondern um Vierkerner mit höheren Taktraten. Intel reklamiert eine hohe Rechenleistung bei Last auf einem CPU-Kern, doch wenn alle Kerne beschäftigt werden, liegt AMD dank doppelter Kernanzahl vorne. Intels Achtkern-Chip „Tiger Lake-­­H45“, der das eigentliche Ryzen-­5000H-Gegenstück wäre, ist wegen Intels verkorkster 10-Nanometer-Fertigung immer noch nicht spruchreif, sondern wird wohl erst im Frühjahr kommen.

Intel Tiger Lake-H35 für kompakte Gaming-Notebooks
Modell Kerne / Threads TDP Basistakt max. Turbotakt L3-Cache GPU: EUs / max. Turbotakt
Core i7-11375H SE 4 / 8 28–35 W 3,0–3,3 GHz 5,0 GHz 12 MByte 96 / 1,35 GHz
Core i7-11370H 4 / 8 28–35 W 3,0–3,3 GHz 4,8 GHz 12 MByte 96 / 1,35 GHz
Core i5-11300H 4 / 8 28–35 W 2,6–3,1 GHz 4,4 GHz 8 MByte 80 / 1,30 GHz

Sowohl die hohe Performance der AMD-Prozessoren als auch die Verzögerung bei Intel sorgen für einen Umbruch bei allen Herstellern: Gab es Ryzen-Notebooks bislang bestenfalls mit Mittelklasse-GPUs (GeForce RTX 2060), so bekommt man AMD-Gaming-Notebooks der 2021er-Generation mit allen Ablegern der ebenfalls neuen GeForce-RTX-3000-Serie von Nvidia – inklusive des Topmodells GeForce RTX 3080. Intel schwimmen hingegen die Felle davon: Nicht alle Hersteller kombinieren Nvidias Neulinge noch mit den betagten 14-Nanometer-Prozessoren der 10. Core-i-Generation (Comet Lake-H) als Zwischenlösung – bis Tiger Lake-H45 kommt, finden an RTX-3000-Notebooks interessierte Käufer also wohl verstärkt Ryzen-5000-Geräte vor. AMD fährt diesen Konter übrigens mit voller Stärke und liefert den Ryzen 5000H vor dem Ryzen 5000U aus.

Nvidia GeForce RTX 3000 für Notebooks
Modell GeForce RTX 3080 GeForce RTX 3070 GeForce RTX 3060
GPU Ampere (GA104) Ampere (GA104) Ampere (GA106)
FP32-Shader-Kerne 6144 5120 3840
Thermal Design Power (TDP) 80–150 Watt 80–125 Watt 60–115 Watt
Boost-Takt (je nach TDP) 1245–1710 MHz 1290–1620 MHz 1283 –1703 MHz
theoretische Rechenleistung (FP32) 14,2–19,5 TFlops 13,1–16,5 TFlops 9,8–13,0 TFlops
Speichermenge / -typ 8 / 16 GByte GDDR6 8 GByte GDDR6 6 GByte GDDR6
Speicher-Interface 256 Bit 256 Bit 256 Bit

Apropos Auslieferung: Die ersten Notebooks mit Ryzen 5000H und Ge­Force RTX 3000 sollen bei Erscheinen dieser c’t-Ausgabe bereits verfügbar sein. Prognosen über Stückzahlen und Termin­garantien mag derzeit freilich kein Hersteller abgeben – dafür stehen Kompo­nenten- wie Gerätefertigung und globale Logistik pandemiebedingt unter zu ­starkem Druck.

Dells edles Business-Notebook Latitude 9420 lässt sich als Notebook oder Tablet nutzen.
Bild: Dell

Bildschirmplus

Ganz unabhängig von den internen Komponenten verstärkt sich bei Notebooks zudem ein lobenswerter Trend, der bereits 2020 mit Geräten wie Dells XPS-Baureihe begann: Es gibt immer mehr Notebooks, deren Bildschirme nicht mehr das bislang dominante Seitenverhältnis 16:9 zeigen, sondern dank 16:10 oder gar 3:2 spürbar mehr Bildhöhe bieten.

Der Trend ersteckt sich quer durch alle Notebook-Kategorien: 16:10 kommt etwa bei Lenovo sowohl in den Gaming-­Notebooks Legion 7 (ab 1800 Euro) und Legion 5 Pro (ab 1400 Euro) zum Einsatz als auch beim Oberklasse-14-Zöller Yoga Slim 7i Pro mit farbstarkem OLED-Panel – wenngleich letzterer frühestens zur ­Jahresmitte in die Läden kommt. HPs 14-Zoll-Gegenstück Envy 14 mit 16:10-­Touchscreen und Mittelklasse-GPU GeForce GTX 1650 Ti startet hingegen schon dieser Tage.

Neu ist das Format auch bei Business-Notebooks: Die 2021er-Modelle des ThinkPad X1 Carbon (ab 1840 Euro) und des ThinkPad X1 Yoga (ab 2080 Euro) haben 16:10, der X1-Neuzugang ThinkPad X1 Titanium (ab 2560 Euro) bietet sogar 3:2. Dell sieht in seiner edlen Business-Maschine Latitude 9420 ebenfalls 16:10 vor. Kleiner Pferdefuß: Alle eben genannten Business-Notebooks sind eher teure Executive-Level-Statussymbole denn Arbeitsgeräte für das Außendienstler-Fußvolk. Letztere können mit 5000er- und 7000er Latitudes (Dell) oder EliteBooks (HP) zwar auch neue Notebooks bekommen, doch da ist weiterhin 16:9 angesagt. Lenovo bildet die Ausnahme, stecken in vielen 2021er-ThinkBooks (inklusive des renovierten ThinkBook Plus mit E-Ink-Zweitbildschirm) doch ebenfalls 16:10-Panels. Gleiches gilt für die besonders leichten Gram-Notebooks, die LG rund um Intels Tiger-Lake-Prozessoren neu aufgelegt hat. Für alle genannten 16:10-Notebooks müssen mindestens 1000 Euro auf den Tisch gelegt werden.

Das HP Elite Dragonfly gibt es jetzt zusätzlich in einer Max-Variante mit besserer Kamera und mehr Mikrofonen.
Bild: HP

Ausnahmetalente

Und nicht zuletzt gibt es Notebooks für spitze Zielgruppen. HPs Elite Folio ist beispielsweise ein 5G-taugliches 1,3-Kilogramm-Notebook mit stift- oder finger­bedienbarem 3:2-Bildschirm und laut Datenblatt über 24 Stunden Laufzeit. Darin kommt allerdings kein x86-Prozessor zum Einsatz, sondern Qualcomms Snapdragon 8cx – also ein eher gemächlicher ARM-Chip mit eingeschränkter Kompatibilität, was herkömmliche Windows-Anwendungen betrifft.

Für das Edelnotebook Elite Dragonfly sieht HP eine noch teurere Max-Ausstattungsvariante vor. Sie bietet außer einer besonderen Gehäusefarbe auch einen ­anderen Deckel: Im Bildschirmrahmen stecken dann eine 5-Megapixel-Kamera (statt 720p in der regulären Variante) und vier (statt drei) Mikrofone – für bessere Videokonferenzen.

Das Asus RoG Flow X13 (ab 1500 Euro) ist für sich betrachtet eine flaches und 1,3 Kilogramm leichtes 13-Zoll-Notebook mit 16:10-Bildschirm, Ryzen-5000-HS-CPU und GeForce GTX 1650 – was fürs Gaming unterwegs ausreicht. Als ­Zubehör gibt es allerdings mehrere Varianten einer äußerst kompakt geratenen eGPU mit leistungsstarken GeForce-RTX-3000-GPUs. Bei angesteckter eGPU wird der interne Nvidia-Chip deaktiviert, sodass sich das Kühlsystem dann komplett um die Ryzen-CPU kümmern kann. Die Verbindung erfolgt über einen proprie­tären Anschluss mit acht PCIe-3.0-­Leitungen, also mit mehr Bandbreite als bei Thunderbolt.

Lenovo stattet das ThinkPad X1 Titanium mit einem 3:2-Touchscreen aus.
Bild: Lenovo

Keine Experimente

Nicht zuletzt lässt sich festhalten, dass die Hersteller wieder konservativer denken: Sorgten vor einem Jahr noch Microsoft Surface Neo und zwei Dell-Konzepte mit Falt- beziehungsweise Doppelbildschirm für Aufsehen, so hat sich der Hype gelegt: Es gab auf der CES keinerlei ­Neuankündigungen, die Lenovos seit Ende 2020 erhältlichem ThinkPad X1 Fold mit Faltbildschirm Konkurrenz ­ machen würden. (mue@ct.de)

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