c't 3/2021
S. 74
Test & Beratung
E-Auto

Broom, Broom!

Mazda MX-30: E-SUV ohne B-Säule

Mazda verkauft hierzulande sein erstes vollelektrisches Fahrzeug. Das SUV mit futuristischem ­Innenraumdesign und coolen Klapptüren weiß zu gefallen, doch die Reichweite ist mau.

Von Sven Hansen

Der Mazda MX-30 gilt als eines der spannendsten E-Auto-Debüts des Jahres, denn die technikverliebten Japaner pflegen die Tradition der Ingenieurskunst mindestens so sehr wie ihre deutsche Konkurrenz. Bisher hatte sich Mazda eher der Optimierung des Verbrenners verschrieben und verfeinerte das Prinzip des Wankelmotors – nun gibt es das erste E-Auto.

Wir testeten die „First-Edition“ des MX-30. Das limitierte Ausstattungspaket umfasst für 500 Euro unter anderem verbesserte Matrix-LED-Scheinwerfer, einen elektrisch verstellbaren Fahrersitz und eine von zwei Sonderausstattungen für den Innenraum. Auf dem Preisschild stehen rund 35.000 Euro – recht günstig für ein E-Auto im SUV-Format. Derzeit gibt es nur eine Motorisierung: Der eSkyactive mit 107 kW beschleunigt den MX-30 in 9,7 Sekunden von 0 auf 100. Zeigt der Tacho 140 km/h, bleibt man an der per Software gesetzten Grenze für die Höchstgeschwindigkeit kleben.

Form vs. Funktion

Der MX-30 ist ein Hingucker – von außen wie von innen. Der schicke Mix aus Kunststoff, Kunstleder und Kork erzeugt Lounge-Atmosphäre, doch ausgerechnet die als Handablage dienende Mittelkonsole ist aus billig wirkendem Plastik gegossen. Die Karosserie ohne B-Säule unterstreicht den futuristischen Auftritt. Design stand an mancher Stelle vor Praktikabilität. Das merkt man, wenn man das Smartphone kopfüber an der tief in der mehrschichtigen Mittelkonsole versteckten USB-Buchse anstöpseln muss oder vor dem Spurwechsel routiniert den Blick über die Schulter wirft: Die massiven Türen müssen die Funktion der B-Säule beim Seitencrash ersetzen und blockieren deshalb fast die gesamte Sicht.

Der Einstieg auf die hintersten Plätze gelingt selbst ohne B-Säule kaum bequemer, da die Türausschnitte zu weit vorne ansetzen. Während der Vordersitz des Beifahrers für den leichteren Heckeinstieg zumindest mechanisch nach vorne klappt, bekommt man den als Sonderzubehör elektrifizierten Fahrersitz nicht so leicht aus dem Weg. Das selbstständige Aussteigen ist durch die überlappend schließenden Vordertüren unmöglich.

Schickes ­Interieur: Das Paket „Modern Confidence“ bringt einen frischen Look mit und kombiniert Kork und Kunstleder mit trendigen Webstoffen.

Fahren und laden

Tritt man aufs Gaspedal, erfährt man die angenehm durchgehende Beschleunigung des E-Autos, ohne dabei in die Sitze gedrückt zu werden. Über die Lenkrad-Paddel lassen sich fünf Rekuperationsstufen wählen. Wer mag, setzt die elektrische Motorbremse im fließenden Verkehr auch ergänzend zum Bremspedal ein.

Beim Gasgeben erlebt man eine akustische Überraschung: Der MX-30 ist ausgesprochen laut. Die nicht abschaltbare Geräuschkulisse im Innenraum wird künstlich über das Infotainmentsystem eingespielt und soll gemäß der Werbeaussagen helfen, „Geschwindigkeit und Beschleunigung besser einzuschätzen“. Tatsächlich lässt sich zwischen dem spacigen Raumschiff-Sound auch ein hochfrequentes Flirren des E-Antriebs wahrnehmen, das an den Ohren des Fahrers eigentlich nichts zu suchen hat.

Ein dickes Lob verdienen die Matrix-­LED-Scheinwerfer mit automatischem Fernlicht. Sie erkennen entgegenkommende Fahrzeuge zuverlässig und blenden einzelne Bereiche sanft ein und aus, sodass der Gegenverkehr nicht geblendet wird. Vergleichbare Systeme gehen weniger behutsam vor und provozieren regelmäßig das Aufblitzen einer gegnerischen Licht­hupe. Der Spurassistent hingegen griff für unser Gefühl etwas zu ruppig mit eigenen Lenkbewegungen ins Fahrgeschehen ein, etwa wenn man beim Spurwechsel vergessen hatte, den Blinker zu betätigen.

An der Ladesäule braucht man viel Geduld. Wechselstrom an der heimischen Wallbox soll der MX-30 einphasig bis 6,6 kW aufnehmen, in der Praxis landet man wegen der Schieflastgrenze von 20 A nur bei rund 4,5 kW. Über den Notladeblock mit Schukostecker sind es – wie bei der Konkurrenz üblich – nur 2,3 kW. Leider ging es auch beim Schnellladen mit Gleichstrom recht gemächlich zu: Von den laut Spezifikation möglichen 50 kW per CCS (Combined Charging System) erreichten wir an einer 320-kW-Säule maximal 35 kW, die nach zehnminütigem Ladevorgang auf 25 kW absackten. Daheim braucht es also die komplette Nacht, um den Akku vollzuladen, und bei Schnell­ladestops unterwegs muss man längere Ladepausen einrechnen, als etwa beim Hyundai Kona (siehe c’t 23/2020, S. 100).

Im Alltag entpuppt sich der MX-30 dann auch als Inkarnation des Begriffs Reichweitenangst. Der mit 35 kWh recht klein dimensionierte Akkublock soll einen Aktionsradius von 200 Kilometern nach dem WLTP-Zyklus bieten. Mazda setzt die erste Warnstufe für die schnell dahinschmelzende Akkukapazität schon bei 30 Prozent, sodass es vom Volltanken bis zur ersten Meldung im Tachodisplay im Test oft nicht einmal 100 Kilometer brauchte. Nach dem Laden musste man sich so gefühlt gleich wieder ums nächste Laden kümmern.

Gut verbunden

Beim Bedienkonzept des Infotainment-­Systems knüpft Mazda an BMWs iDrive an: Über einen zentralen Drehdrückknopf in der Mittelkonsole blättert man durch die Menüebenen und wählt Inhalte mit sanftem Druck aus. Die Bedienoberfläche wirkt auf dem 8,8-Zoll-Display etwas altbacken. Touch hat es nicht, wäre aber wegen der Platzierung weit hinten im Armaturenbrett sowieso schlecht zu erreichen. Radio, Navigation und Medienfunktionen reichen aber durchaus für den Alltagsbedarf. Der Sound des Standard-­Systems ist etwas schwach – wer mehr möchte, sollte zum Bose-System greifen, das im Premium-Paket zu haben ist.

Die für Android und iOS erhältliche Connected-Services-App ist etwas trist anzuschauen und wirkt unübersichtlich. Sie gibt Auskunft über den Ladestatus des Fahrzeugs, startet die Klimatisierung, erlaubt das Übermitteln von Navigationszielen vor der Fahrt und ermöglicht das Verriegeln aus der Ferne.

Etwas finster geraten: Die MyMazda-App ermöglicht den Fernzugriff aufs Fahrzeug, stellt Informationen aber recht unübersichtlich dar.

Im Test ließen sich sowohl CarPlay als auch Android Auto problemlos nutzen, wenn auch nur in der verkabelten Version. Auch die jeweiligen Oberflächen der Smartphone-Betriebssysteme steuert man über den zentralen Drehknopf, was erstaunlich gut funktioniert.

Die jeweilige Assistenzfunktion triggert man per Sprach­taste am Lenkrad. Die im Fahrzeug verbaute Spracherkennung fiel demgegenüber deutlich ab: Als Fahrer muss man die richtigen Kommandos und die erforderliche Aussprache zunächst üben, um ans richtige Ziel zu kommen.

CarPlay (im Bild) und Android Auto machten auf dem 8,8-Display des Infotainments eine gute Figur und ließen sich auch ohne Touch-Funktion gut steuern.

Fazit

Nicht schlecht für ein vollelektrisches Erstlingswerk, in 2021 allerdings nicht mehr gut genug. Vor ein paar Jahren wäre der MX-30 ein cooler Technologieträger für Elektropioniere gewesen. Doch selbst die erwarten inzwischen mehr. Die Kombination von langsamen Ladevorgängen und einem zu kleinen Akkublock ist jedenfalls äußerst unglücklich. Ein Ärgernis ist die Gängelung durch die kontinuierliche Zwangsbeschallung im Innenraum.

Dennoch könnte sich der MX-30 einen oberen Platz in der Zulassungs­statistik erkämpfen, wenn Mazda ihn wie angekündigt mit Wankel­motor als Range-Extender herausbrächte. Im Vergleich zu vielen Plug-in-Hybriden, die als Dreckschleuder mit ein wenig Elektro-­Bling-Bling daherkommen, wäre ein solches Fahrzeug ein ernsthaft kurzstreckenfähiges E-Auto mit realistischer Fernreiseoption. Der Verbrenner würde dann bei optimaler Drehzahl nur noch den Ladestrom liefern. (sha@ct.de)

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