c't 3/2021
S. 28
Aktuell
Bitcoin-Kurs auf Allzeithoch

Höhenrausch

Was hinter den Kursrekorden des Bitcoin steckt

Pünktlich zum zwölften Geburtstag schoss der Wechselkurs des Bitcoin in den Himmel und erreichte mit 30.000 Euro ein neues Allzeithoch. Der Höhenflug erzeugt eine gefährliche Angst unter Spekulanten, eine vermeintlich gute Chance zu verpassen.

Von Mirko Dölle

Als Satoshi Nakamoto am 9. Januar 2009 den Genesis-Block der Bitcoin-­Blockchain veröffentlichte und sich dafür Bitcoins im heutigen Wert von über einer Million Euro gutschreiben durfte, ahnte niemand den aktuellen Höhenflug des Wechselkurses voraus: Dieser kletterte zum Jahreswechsel 2021 auf ein neues Allzeithoch von über 30.000 Euro (ca. 37.500 US-Dollar) und schien nur noch eine Richtung zu kennen – weiter aufwärts.

Die Coronapandemie führte Mitte März zu Verlusten von fast 50 Prozent bei Bitcoin. Es dauerte ein halbes Jahr, bis sich der Kurs wieder erholte. Die Ankündigung Paypals am 21. Oktober 2020, künftig Bitcoins und andere Kryptowährungen zu erlauben, entfachte ein regelrechtes Kursfeuerwerk.

Als wichtigster Auslöser der Kurs­rallye gilt die geplante Einführung von Bit­coin, Bitcoin Cash, Litecoin und Ethereum als Zahlungsmittel bei PayPal, denn dadurch werden sie salonfähig: PayPal-­Chef Dan Schulman sagte anlässlich der Vorstellung des neuen Angebots, dass man das Verständnis der Nutzer sowie die Akzeptanz von Kryptowährungen erhöhen wolle. Noch am gleichen Tag setzte der Bitcoin zu seinem Höhenflug an, der Kurs stieg innerhalb der nächsten gut zwei Monate von 10.000 Euro auf über 25.000 Euro.

Bitcoin eingekerkert

Dabei dürfen zunächst nur US-Kunden Bitcoin & Co. verwenden, und das auch nur innerhalb eines geschlossenen Währungssystems, das mit den genannten Kryptowährungen praktisch nichts mehr zu tun hat. PayPal macht es so sehr einfach, damit zu spekulieren – damit bezahlen kann man jedoch nicht.

Laut PayPal haben die Kunden lediglich die Möglichkeit, Bitcoins & Co. bei PayPal zu kaufen, in ihrem PayPal-Konto aufzubewahren und wieder an PayPal zu verkaufen. Es ist weder möglich, die Bit­coins an jemand anderen zu senden, Bitcoins zu empfangen oder in Bitcoin zu bezahlen – Zahlungen werden stets in real existierenden Währungen durchgeführt, zu den von PayPal festgelegten Wechselkursen und natürlich zu den von PayPal festgelegten Transaktionsgebühren. Die Bitcoins der PayPal-Kunden sind ein reines Buchvermögen, der Kunde erhält nicht einmal eine Bitcoin-Adresse. Man kann einzig und allein auf steigende Kurse wetten – zu mehr taugt PayPals Krypto-­Geldbörse nicht. Ob PayPal überhaupt Bitcoins für den Kunden erwirbt, lässt sich so nicht nachvollziehen, nicht einmal in der sonst allwissenden Blockchain. Trotzdem zündete die bloße Erwähnung von Bitcoin durch PayPal am 21. Oktober 2020 das Kursfeuerwerk.

Torschlusspanik

Der extreme Kursanstieg ab Mitte Dezember von rund 15.000 auf über 25.000 Euro hingegen dürfte auf Spekulanten zurückzuführen sein, die Angst bekamen, eine Chance zu verpassen – the fear of missing out. Diese beschränkte sich auch nicht auf den Bitcoin, zur gleichen Zeit stiegen auch die Kurse der Altcoins deutlich: Ethereum etwa stand bei Redaktionsschluss wieder kurz vor dem historischen Höchststand von über 1000 US-Dollar, auch die Kurse von Bitcoin Cash und Litecoin stiegen in den letzten Wochen um mehr als 50 Prozent. Den Sprung über die 30.000-Euro-­Marke löste bei Bitcoin die Erstürmung des Kapitols in Washington D. C. durch Anhänger von Donald Trump am 6. Januar aus: Während der Mob in den Sitz von US-Senat und Repräsentantenhaus eindrang, kam es innerhalb von nur sechs Stunden zu einem Kursanstieg von 34.500 auf über 37.500 US-Dollar.

Doch es ist nicht anzunehmen, dass der Kurs der Kryptowährung dauerhaft auf diesem Stand verharrt: Gewinnmitnahmen werden ihn früher oder später wieder fallen lassen und damit Spekulanten in die Angst versetzen, den Absprung nicht mehr zu schaffen – was den Kurs weiter drückt und noch mehr Investoren unter Zugzwang setzt, noch schnell zu verkaufen, bevor die Verluste zu groß werden. Das war auch nach den Kurs­rallyes Anfang 2014 und Anfang 2018 so. Bitcoin und andere Kryptowährungen bleiben also weiterhin hoch spekulative Investitionen. (mid@ct.de)

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