c't 19/2021
S. 44
Aktuell
Apple

App-Store-Dämmerung

US-Senatoren kämpfen für Entwickler und App-Store-User

Immer offener stellt sich die US-Politik gegen die App-Store-Praktiken von Apple, Google und Microsoft. Eine überparteiliche Initiative will nun den Wettbewerb und die Verbraucherrechte beim Softwarevertrieb per Gesetz stärken.

Von Dušan Živadinović

Mitte August haben drei US-Senatoren die Gesetzesvorlage „Open App Markets Act“ gegen App-Store-Praktiken von Apple und Google vorgestellt (siehe ct.de/ywm5). Richard Blumenthal (Demokrat), Marsha Blackburn (Republikanerin) und Amy Klobuchar (Demokratin) wollen damit mehr Wettbewerb, mehr Wahlmöglichkeiten und niedrigere Preise beim Softwarevertrieb herbeiführen. Das Gesetz soll für App-Store-Betreiber gelten, die in den USA mindestens 50 Millionen Nutzer haben.

„Apple und Google wollen Entwickler und Verbraucher daran hindern, unabhängige App Stores zu nutzen, die die Gewinne (Apples und Googles) schmälern könnten“, sagte Blumenthal. „Ihr wettbewerbsfeindliches Verhalten ist ein direkter Angriff auf den freien und fairen Markt.“

Der Open App Markets Act soll es Betreibern untersagen, den App-Store-Zugang an ein einziges Abrechnungssystem zu binden. Nur dank dieses Zwangs könnten die Betreiber bis zu 30 Prozent Gebühren durchsetzen, glaubt Blumenthal. Auch das Bestpreisgebot würde gekippt werden, wenn die Vorlage zum Gesetz wird. Anbieter dürften Apps dann in den betroffenen App Stores teurer anbieten als anderswo. Auch sollen App-Hersteller frei auf ihre Angebote in anderen Stores hinweisen und auch die Gebühren nennen dürfen. Derzeitige Maulkorbregeln wären damit vom Tisch.

Apple wehrt sich gegen Versuche, seine App-Store-Richtlinien zu kippen, unter anderem mit Statistiken, die den Schutz der Anwender belegen sollen. Kritiker werfen dem Konzern aber vor, die Verkaufsdaten von Entwicklern für eigene Zwecke zu verwerten.
Bild: Apple

Für Endnutzer soll es einfach werden, Apps aus anderen Stores zu beziehen, von Apple, Google oder Microsoft vorinstallierte App-Store-Apps zu verstecken oder zu deinstallieren und beliebige andere Apps oder App Stores als Voreinstellung einzurichten.

Store-Betreiber dürften nichtöffentliche Informationen Dritter aus ihren Stores nicht für eigene Zwecke auswerten – beispielsweise den Erfolg eines bestimmten Angebots zum Anlass nehmen, selbst ein ähnliches Angebot einzuführen oder zu ändern. Und schließlich dürften Apple, Google und Microsoft ihre eigenen Apps in Suchergebnissen nicht ohne triftigen Grund prominenter platzieren als andere.

Um die Programmierung von Applikationen zu erleichtern, sollen Entwickler zeitnah Zugriff auf einschlägige Informationen erhalten. Sie sollen dabei nicht schlechter gestellt sein als die Betreiber der App Stores oder deren Geschäftspartner.

Jeder Verstoß gegen das Gesetz gälte automatisch als unlauterer Wettbewerb. Ausnahmen von den Verboten gibt es, soweit das für Datenschutz, Datensicherheit, IT-Sicherheit, Bekämpfung von Betrug, Spam oder Rechtsverletzungen notwendig ist – aber auch nur, wenn der Store-Betreiber vergleichbare Maßnahmen konsistent auch auf eigene Apps anwendet, auf das notwendige Minimum beschränkt und keine diskriminierenden Absichten hegt.

Laut Vorlage wären zur Durchsetzung des Gesetzes hauptsächlich die US-Handelsbehörde FTC, die Bundesstaatsanwaltschaft und die Staatsanwaltschaften der US-Bundesstaaten berufen. Sie könnten die App-Store-Betreiber verklagen und auch schon beim ersten Verstoß zivilrechtliche Strafen erwirken. Das ist der FTC bisher in der Regel nicht möglich.

Dreifacher Schadenersatz

Außerdem sollen geschädigte App-Anbieter auf dreifachen Schadenersatz sowie Verfahrenskosten klagen können – das ist in US-Gerichtsverfahren selten. Zudem sollen sie gerichtliche Verfügungen und nach Hinterlegung einer Sicherheit auch einstweilige Verfügungen begehren dürfen.

Verbraucherschützer und Bürgerrechtler unterstützen den Gesetzesvorschlag. Die EU-Wettbewerbshüterin Margrethe Vestager ist ebenfalls gegen Apples App-Store-Zwang und drängt zu alternativen App-Läden. Bei Apple und Google wird der Gesetzesentwurf Widerstand auslösen. Alles andere als eine Lobbywelle dagegen wäre eine Überraschung. Eine umfassende Analyse zur Position der US-Politik gegen Tech-Konzerne wie Apple, Facebook oder auch Amazon lesen Sie auf Seite 112. (dz@ct.de)

Open App Markets Act: ct.de/ywm5

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