c't 26/2020
S. 36
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

CPU-Pläne für 2021, Benchmark-Kämpfe, RISC-V-Aufschwung

Auch scheußliche Jahre enden glücklicherweise irgendwann: Zeit für einen Prozessor-Ausblick auf 2021. Intel attackiert AMD auf schräge Art und RISC-V zieht im Smart Home ein.

Von Christof Windeck

Das Coronavirus-Jahr 2020 neigt sich seinem Ende zu. Manche Chip-Versprechen blieben unerfüllt. AMD etwa wird den Serverprozessor Epyc Milan mit Zen-3-Technik erst Anfang 2021 bringen. Das passt Intel gut in den Kram, denn auch die Ice-Lake-Xeons sind nicht fertig. So konnte Intel für einige wenige Supercomputer-Anwendungen versprechen, dass 32 dieser neuen Xeon-Kerne um bis zu 30 Prozent schneller rechnen als 64 aktuelle Epyc-Kerne.

Der programmierbare Akku-­Lötkolben Pinecil von Pine64 hat offene Firmware und einen RISC-­V-Mikrocontroller.
Bild: Pine64/Twitter

Wenn es bei Intel 2021 endlich nach Plan läuft, werden Ice-Lake-Xeons aber nur wenige Monate aktuell sein, denn dann baut Intel mit „Sapphire Rapids“ kräftig um: Es kommen Golden-Cove-Prozessorkerne mit BFloat16 und Advanced Matrix Extensions (AMX) sowie DDR5-RAM und PCI Express 5.0 mit kohärentem Compute Express Link (CXL). Diese vierte Xeon-SP-Generation soll aus vier Chiplets bestehen mit insgesamt bis zu 56 Kernen. Angeblich plant Intel für Supercomputer auch 400-Watt-Varianten, die superschnelles HBM2-RAM mitbringen, quasi als L4-Cache. AMD dürfte 2022 mit den „Genoa“-Epycs (Zen 4) bei DDR5-RAM und PCIe 5.0 nachziehen.

Apple-M1-Konter

Zur virtuellen CES-Konferenz Anfang Januar 2021 erwartet man von AMD die nächste Generation der Mobilprozessoren, also die Ryzen 5000U alias Cezanne; vielleicht kommen auch Ryzen 5000H. Die Online-Datenbank des Benchmarks Geekbench liefert erste, jedoch verwirrende Hinweise auf den Ryzen 5000U: Möglicherweise kommen zwei Varianten, außer Cezanne mit Zen-3-Kernen vielleicht auch noch Lucienne mit Zen 2, aber einer stärkeren GPU.

Beim 15-Watt-Typ Ryzen 5000U wird es jedenfalls spannend, ob er zumindest bei Multithreading Apples ARM-Renner M1 einholt und somit die x86-Ehre rettet. Wenn das klappt, sollte es HP, Dell und Lenovo anspornen, endlich mehr schicke Ryzen-Notebooks auf den Markt zu werfen.

Intel könnte zur CES endlich Achtkern-Versionen der aktuell nur als Vierkerner lieferbaren Tiger Lakes für Notebooks bringen, allerdings wohl nicht als 15- oder 28-Watt-Typen, sondern mit 45 Watt (Tiger Lake-H). Wie sehr die wachsende AMD-Konkurrenz Intel beunruhigt, zeigte ein schräger Vergleich des „Chief Performance Strategist“ Ryan Shrout, der bis 2018 seine Website PC Perspective leitete. Er wollte nachweisen, dass die Performance von Ryzen-4000-Notebooks im Akkubetrieb drastisch einbricht im Vergleich zum Netzbetrieb. Allerdings schoss er sich dabei in die Socken. Auch bei Userbenchmark.com finden sich seltsame Vergleiche zu Intels Gunsten.

Für Desktop-PCs hat Intel den Rocket Lake-S fürs erste Quartal 2021 avisiert, der zwar PCIe 4.0 und schnellere Sunny-­Cove-Kerne bringt, aber immer noch mit 14-Nanometer-Strukturen auskommen muss. Erst in der zweiten Jahreshälfte dürfte der 10-Nanometer-Chip Alder Lake folgen, einerseits als Alder Lake-S für PC-­Mainboards mit der Fassung LGA1700 sowie andererseits als Alder Lake-P für Notebooks. Intel kombiniert bei Alder Lake starke Kerne mit „Golden Cove“-Mikro­architektur mit sparsameren „Gracemont“-Kernen, angeblich jeweils bis zu acht Kerne (8+8) und je nach Preis- und Watt-Klasse unterschiedlich viele (6+8, 6+4, 4+8, 2+8 …). Damit hält das aus der ARM-Welt bekannte – und von Apple auch im M1 genutzte – big.LITTLE-Konzept bei x86-Prozessoren auf breiter Front Einzug. Alder-Lake-Nachfolger mit 7-Nanometer-­Technik erwartet man dann ab 2022 als Meteor Lake und Lunar Lake, wiederum mit weiter optimierten Rechenkernen wie Ocean Cove. Ab welcher CPU-Generation Intel Microsofts Sicherheitskern „Pluton“ (siehe S. 34) einbauen wird, ist unklar.

RISC-V im Lötkolben

Während man weiter auf bezahlbare Prozessoren für Minicomputer mit der offenen Befehlssatzarchitektur RISC-V warten muss, geht es bei Mikrocontrollern rascher voran. Die chinesische Firma Espressif, die ihre bei IoT-Bastlern beliebten ESP-Mikrocontroller mit eingebautem WLAN verkauft, setzt beim kommenden ESP32-C3 auf RISC-V. In WLAN-Schaltsteckdosen aus dem Baumarkt, die als 10-Euro-­Ramsch­ware wohl zu den am häufigsten genutzten (und gehackten) Smart-­Home-Geräten gehören, könnte sich RISC-V also künftig über die Welt ausbreiten. Und der ebenfalls chinesische GD32V-Mikrocontroller mit RISC-V, mit dem wir in Form des Sipeed Longan in c’t 3/2020 herumgespielt hatten, steckt auch im Akku-Lötkolben „Pinecil“ mit offener Firmware für trendbewusste Maker. (ciw@ct.de)

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