c't 26/2020
S. 3
Standpunkt

Crypto Wars: Wir brauchen Uploadfilter, jetzt!

Was wäre das für eine gefährliche Welt da ­draußen ohne unsere Innenminister, die mit ­feiner Nase immer wieder die größten Gefahren für unsere Freiheit aufspüren und uns davor ­bewahren. Jetzt sind die sicher verschlüsselnden Messenger an der Reihe, da tummeln sie sich schließlich, die Terroristen. Und die Geheimdienste können kein Wort mitlesen. Schlimm.

Für die EU-Innenminister ist klar, dass da was getan werden muss, und so fordern sie, dass ­"zuständige Stellen" Zugriff bekommen müssen (mehr dazu auf Seite 16). Gleichzeitig solle aber die Verschlüsselung nicht geschwächt werden. Die sei nämlich sehr wichtig. Wie man das Paradoxon auflöst? Das sei Aufgabe der Betreiber. Hinter­türen und Zweitschlüssel also für die sogenannten "competent authorities". Die gute Nachricht, wenn man das wörtlich nimmt: Alle Behörden, die am Verbummeln der NSU-Ermittlungen beteiligt waren, wären damit ja per Definition raus.

Dieses Vorgehen hat System in der Politik. Erst heckt man eine unmögliche Forderung aus, dann schiebt man die Verantwortung zügig auf die ­Betreiber ab. Die müssen das dann "technologieneutral" umsetzen. Zuletzt erlebt haben wir das bei den Uploadfiltern, die uns Axel Voss und seine Kollegen im EU-Parlament eingebrockt haben. Die Plattformbetreiber (YouTube & Co.) sollen eine technologieneutrale technische ­Lösung finden, um Inhalte automatisch zu filtern. Aber ohne Uploadfilter. Paradox? Nein, Politik.

Solche Filter will ich jetzt auch, aber nicht für Songs und Filme, sondern für politische Ideen: Dass Politiker, in diesem Fall Horst ­Seehofer und seine Amtskollegen, solche undurchdachten Aussagen veröffentlichen dürfen, ist gefährlich. Daher fordere ich, dass zukünftig alle ­politischen Plattformbetreiber, also Parlamente, Parteien und EU-Gremien, wirksame Filtermaßnahmen gegen verdächtig verfassungswidrige und freiheitsgefährdende Vorschläge einsetzen müssen!

Kritiker könnten nun einwerfen: Das führt zu Zensur! Was ist mit der Meinungsfreiheit? Und das ist technisch gar nicht möglich! Doch da kann ich Sie beruhigen: Für die Umsetzung sind natürlich die Plattformbetreiber, also in diesem Fall die Parlamente und Organisationen, verantwortlich. Technologieneutral.

Jan Mahn

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