c't 14/2020
S. 14
Titel
Fernwartung
Bild: Andreas Martini

Helfen aus der Ferne

Probleme mit PC, Smartphone, Tablet & Co. lösen

Ob die Chefin unterwegs nicht ins VPN kommt oder Papas Videochat mit den Freunden scheitert: Manchmal werden IT-Probleme anderer Leute zu den eigenen. Zur Herausforderung wird es, wenn man sich nicht vor Ort darum kümmern kann. Mit passendem Werkzeug und unseren Tipps helfen Sie trotzdem erfolgreich.

Von Axel Vahldiek

Das Lösen von Technikproblemen ist nicht immer trivial, doch wenn es um die Schwierigkeiten anderer Leute geht, die zudem aus der Ferne zu lösen sind, wird es noch kniffliger. Man kann sich ja dann zum Reparieren nicht vor das betroffene Gerät setzen. Man muss also nicht nur eine Lösung finden, sondern auch einen Weg, sie anzuwenden. Das läuft meist darauf hinaus, entweder das Gerät fernzusteuern oder – noch herausfordernder – dessen Besitzer. In dieser c’t geht es gleich in mehreren Artikeln um diese zusätzlichen Herausforderungen.

Am bequemsten löst man Technikprobleme an anderen Orten, wenn man Fernwartungssoftware einsetzen kann. Anders als bei klassischer Fernsteuerung sehen bei der Fernwartung nicht nur Sie den Desktop des entfernten PCs, sondern auch der davor sitzende Besitzer. Beide können Maus und Tastatur steuern. Ihr Gegenüber kann live demonstrieren, was das Problem ist. Sie sehen Fehlermeldungen im Original und können zur weiteren Recherche beispielsweise direkt in Logs und Einstellungsdialoge schauen. Sie können selbst versuchen, das Problem zu lösen. Im nachfolgenden Beitrag auf Seite 18 finden Sie Tipps zu Auswahl und Einsatz solcher Fernwartungssoftware. Mit ihr können Sie aber nicht nur störrischen PCs und Notebooks wieder Beine machen, sondern auch Tablets und Smartphones. Mehr lesen Sie im Beitrag ab Seite 22.

Der Artikel, den Sie gerade lesen, widmet sich jenen Fällen, in denen der Einsatz von Fernwartungssoftware nicht infrage kommt. Das gilt beispielsweise für Hardwareprobleme oder für nicht fernsteuerbare Technik wie Drucker. Oder es fehlt eine Internetverbindung, beispielsweise weil der Router streikt oder ein Problem mit dessen Verkabelung besteht. Zwar vermag heutzutage oft die Mobilfunkverbindung des Smartphones als Backup-Leitung dienen. Doch was ist, wenn der Hilfesuchende damit überfordert ist, diese für Mitnutzung durch seinen PC freizugeben? Denkbar ist auch, dass Sie per Fernzugriff Sachen zu sehen bekämen, die Sie gar nicht sehen sollen oder wollen (zu persönlich, Datenschutz ...).

Guck mal!

Zwar hilft bei erstaunlich vielen Problemen der simple Hinweis „Starte mal neu“, doch eben nicht immer. Dann muss man das Problem erst mal verstehen, bevor man helfen kann. Wer mangels Fernwartungssoftware nicht selbst nachschauen kann, muss die nötigen Informationen auf anderem Wege erlangen.

Hilferufe treffen im Alltag meist telefonisch oder schriftlich per E-Mail oder Chat ein. Das kann an sich schon ein Problem darstellen: Denn einen Gesprächspartner versteht man am besten, wenn man ihn sieht und hört. Dann bekommt man all die subtilen Signale mit wie Gesichtsausdrücke, Handbewegungen und so weiter. Bei einer schriftlichen Kontaktaufnahme fällt dieser Subtext komplett weg. Daher der Tipp auch aus eigener leidvoller Erfahrung: Wenn Ihnen jemand nach der zweiten oder dritten schriftlichen Mitteilung immer noch nicht begreiflich machen konnte, was eigentlich los ist, dann wechseln Sie wenn möglich die Kommunikationsform. Per Telefon wird zwar schon deutlich mehr Subtext übermittelt, doch am besten geht es per Videofonie. Damit kommt man einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht am nächsten. Dazu braucht es keine komplizierte Videokonferenz-Software. Einfache Videotelefonate klappen auch per Smartphone, etwa per WhatsApp, Signal, Discord und anderen Messengern. Eine Marktübersicht haben wir in [1] veröffentlicht.

Videofonie hilft noch bei etwas anderem: beim Vorführen des Problems. Der Hilfesuchende schaltet auf die Front­kamera um und hält drauf. Falls er damit überfordert ist: Einfach das Smartphone drehen. Per Videofonie können Sie zudem die Lösung vorführen, sofern auf Ihrer Seite alles Nötige dafür vorhanden ist.

Per Videofonie kann man Probleme identifizieren, die sich per Fernwartungssoftware nicht erkennen lassen, beispielsweise fehlerhafte Verkabelungen.

Falls die Bildauflösung des Videotelefonats zu gering zum Erkennen wichtiger Details ist, etwa des Mauszeigers, lassen Sie Ihr Gegenüber mit dem Finger auf die richtige Stelle zeigen. Oder Sie unterbrechen das Videotelefonat vorübergehend, damit er von wichtigen Stellen Fotos macht und Ihnen schickt. Sofern er in der Lage dazu ist, hilft es oft, ihn diese Stellen in einer Bildbearbeitung mit einem farbigen Kreis umranden oder Pfeile an die richtige Stelle malen zu lassen. Unter Windows reicht dafür der bordeigene Oldie „Paint“.

Wenn ohnehin beispielsweise im Home­office eine Videokonferenzsoftware vorhanden ist, bietet sie sich zum Helfen ebenfalls an. Bei vielen kann man den Desktop teilen. So können Sie Ihr Gegenüber auf Ihren Desktop schauen lassen, um sich Problem demonstrieren zu lassen. Wenn die Kamera abnehmbar ist, kann er sie wie ein Smartphone zum Zeigen nutzen. Mit der fest verbauten Kamera im Notebook geht das auch, indem er es komplett schwenkt. Das mag umständlich sein und albern aussehen, funktioniert aber.

Red mit mir!

Wenn das Erklären des Problems per Videofonie nicht klappt, müssen Sie sich anders einen Eindruck vom Problem verschaffen. Die beste Alternative ist der Griff zum Telefon. Obacht: Da dabei viel Subtext wegfällt, entstehen schneller Missverständnisse. Tipps dazu: Bleiben Sie auf jeden Fall ruhig, der andere will Sie nicht ärgern, sondern schätzt Sie wegen Ihrer Kompetenz. Hindern Sie ihn daran, Sie mit überflüssigen Informationen zu überschütten: Wenn das VPN nicht geht, ist es egal, von welcher Firma der Monitor stammt. Stellen Sie sicher, dass Sie präzise Informationen erhalten, notfalls durch mehrfaches Nachfragen: Wenn es beispielsweise heißt, dass „das Internet“ nicht gehe, kann das vieles bedeuten: Hat die angesurfte Website ein Problem? Ist die Onlineverbindung gestört? Hat der Browser oder der Mail-­Client eine Macke?

Hindern Sie den anderen daran, das Erlebte zu interpretieren. Er soll stattdessen nur beschreiben, was passiert ist und was nicht funktioniert.

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