c't 1/2018
S. 114
Hintergrund
Biohacking
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Cyborg-Nachbarn

Körperupgrades, Transhumanismus, Ethik

Die Verschmelzung von Technik und Körper ist bereits real und alltäglich – ebenso wie die Herausforderungen, die sie mit sich bringt. Christoph Giesa und Ricardo Ferrer Rivero beschäftigen sich mit der Transhumanismus-Szene und stellen sich die Frage: Wie weit werden wir als Menschen gehen?

Stellen Sie sich vor, Sie müssten ab 2022 Ihr Smartphone als Implantat im Körper tragen. Das klingt abwegig, doch viele Menschen leben heute bereits so, wie Cyborgs in Science-Fiction-Romanen: Dauernd online, mit ständigem Zugriff auf ausgelagerte Informationen wie Telefonnummern, Stadtkarten und Fahrpläne, die wir daher aus unseren Köpfen verbannen können. Und die ersten Gadgets stecken schon in unserem Körper – zum Beispiel Herzschrittmacher, Cochlea-Implantate, Mikrochips und Magnete. Bis auch das Smartphone unter die Haut wandert, ist es zumindest technisch nicht mehr weit.

Schaut man genauer hin, sind wir dem sogar schon einen Schritt näher. Smarte In-Ear-Kopfhörer zum Beispiel: Durch die kabellose Technik und die Lage im Ohr selbst gibt es eigentlich keinen Grund mehr, die Kopfhörer jemals abzulegen – wenn man von den derzeitigen Einschränkungen wie Akkulaufzeit und Wasserdichte absieht. Normale Gespräche sind genauso möglich wie Telefonieren und das Hören von Musik. Und zwar, indem man die Kopfhörer einfach antippt. Wären sie implantiert, würden sie nicht so viel Spott ernten, wie beispielsweise Apples AirPods, wären immer einsatzbereit und gingen nie mehr verloren.

Hersteller wie Bragi oder Apple wurden schon dafür belächelt, dass sie einfach nur In-Ear-Kopfhörer ohne Schnur entwickelt haben – aber man könnte auch von der anderen Seite her argumentieren: Diese Hearables sind nicht die nächste Evolutionsstufe der tragbaren Lautsprecher, sondern vielmehr der erste Schritt zu deren Verschwinden. Und zwar im menschlichen Körper.

Smarte In-Ear-Kopfhörer sind derzeit schwer angesagt. Außer Apple bieten diverse andere Hersteller Stöpsel an, die viele Smartphone-Funktionen direkt ins Ohr verlagern – zum Beispiel Sprachassistenten und permanenten Zugriff auf das Internet.

Mit solchen technischen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf Mensch und Gesellschaft befasst sich der Transhumanismus. Diese Strömung und Denkschule will die Grenzen des Menschseins durch Technik überwinden.