Die Rückkehr des Röhrenmonitors

Flexible Flachbildschirme, deren Grundprinzip dem von Röhrenmonitoren ähnelt, sollen künftig dank Nanotechnik LCD-Bildschirmen Konkurrenz machen.

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Von
  • Kevin Bullis

Die einzigartigen elektrischen Eigenschaften von Kohlenstoff- Nanoröhrchen machen sie für zahlreiche neue Anwendungen interessant. Darunter ist auch die Verwendung als ultraeffiziente "Elektron-Emitter" in hellen, stromsparenden Bildschirmen. Forscher haben nun eine Methode entdeckt, Kohlenstoff-Nanoröhrchen so in einem Kunststoffbett anzuordnen, dass daraus flexible Displays werden könnten, die man sogar aufrollen und in die Tasche stecken könnte.

Verschiedene Firmen wie Samsung und Motorola entwickeln bereits Bildschirme, die aus Nanoröhrchen aufgebaut sind. Ihr Vorteil: Sie geben Elektronen extrem effizient ab. Ähnlich wie die bekannte alte Röhrenmonitortechnik auf Kathodenstrahlbasis (CRT) nutzen diese Nanoneulinge Elektronen, um eine Phosphorfläche anzuregen, auf der dann das Bild entsteht. Im Gegensatz zu Standard- CRTs können die Nanoröhrchen-Monitore aber flach sein und benötigen sogar wesentlich weniger Energie als andere Flachbildtechnologien.

Die neue Methode wurde von Forschern am Rensselaer Polytechnic Institute (RPI) an der amerikanischen Northeastern University und an der New Mexico State University entwickelt. Der Produktionsprozess beginnt mit einer vorgemusterten Oberfläche, die bestimmt, wo die mehrwändigen Nanoröhrchen wachsen. Anschließend wird eine Flüssigkeit über die Nanoröhrchen gegeben und die Oberfläche so lange ausgekocht, bis sich ein Polymer formt. Dieses Polymer lässt sich dann zusammen mit den Nanoröhrchen abziehen. Das Polymer sorgt dafür, dass die Nanoröhrchen ihr Muster behalten – bis hinunter zur Ausrichtung einzelner Röhrchen. Außerdem "schauen" sie so allesamt in eine Richtung.

Für Displayanwendungen müssen einzelne Nanoröhrchen von den anderen isoliert werden, um den höchsten Effizienzgrad zu erreichen. Deshalb entnehmen die Forscher einen Teil der Polymerschicht, um die Spitzen der Nanoröhrchen freizulegen. Alle miteinander verbundenen Nanoröhrchen werden durch einen Brennprozess entfernt, zum Schluss bleiben nur die isolierten Röhrchen übrig. Diese Methode produziert einen sehr effizienten Elektron-Emitter, wie die Forscher meinen. "Die Resultate gehören zu den besten, die wir bislang in der Literatur gefunden haben", sagt Swastik Kar, Postdoc in Material- und Ingenieurwissenschaften am RPI, der die Studie als Lead-Autor anführte.

Allerdings sind die Nanoröhrchen-Muster nur der erste Schritt in Richtung eines flexiblen Displays. Neben den Emittern muss noch eine Elektronik hinzukommen, die jedes einzelne Pixel auf dem Display ansprechen kann. Außerdem fehlt noch eine ähnlich flexibel gelagerte Phosphorschicht. Gleichzeitig muss die Struktur stark genug sein, ein Vakuum aufrechtzuhalten. Kar erwartet einen Display-Prototyp daher erst in mehreren Jahren.

Der Nanoröhrchen-Polymer-Mix könnte aber auch für andere Anwendungen genutzt werden. Die Möglichkeit, Nanoröhrchen-Muster genau zu kontrollieren, könnte zu anderen flexiblen Bauelementen führen. Außerdem kann ein Nanoröhrchen-Polymer-Film bereits kleine Änderung beim Druck erkennen: Zieht sich der Polymerfilm zusammen, ändert sich die Aufstellung der Nanoröhrchen, was dann laut den RFI-Forschern eine erkennbare Veränderung in der Leitfähigkeit des Materials mit sich bringt. Diese Drucksensibilität erinnert an die Berührungsempfindlichkeit der menschlichen Haut, weshalb die Entdeckung auch "Nano-Haut" genannt wird.

Die RPI-Forscher arbeiten außerdem mit anderen Wissenschaftlern zusammen, die Nanoröhrchen als Klebstoff verwenden wollen – die Struktur erinnert an die Fähigkeit von Geckos, sich an Wänden festzuhalten. Die extrem große Oberfläche von Nanoröhrchen generiert genug Reibung, um zwei Flächen verbunden zu halten. So könnte ein Kunststoff entstehen, der an verbessertes Velcro erinnert.

Die RPI-Arbeit ist Teil eines wesentlich größeren Forschungsprojektes, bei dem Nanoröhrchen mit Polymeren und anderen flexiblen Materialien kombiniert werden sollen. "Flexible Nanoröhrchen-Polymer-Filme könnten nicht nur in der Elektronik, sondern auch für die Detektoren- und Optik-Technik verwendet werden", sagt Liming Dai, Professor für Materialwissenschaften, Ingenieurwesen und Chemie an der University of Dayton in Ohio, der kürzlich einen chemischen Sensor auf dieser Basis entwickelt hat. "Es ist ein wichtiges Feld. Es wird Zeit, dass daraus wirklich nutzbare Anwendungen entstehen." (wst)