Warum EU-(Digital-)Gesetzgebung so schwierig ist

Die Debatten in Brüssel zu Uploadfiltern und Co. haben IT-Profis und Bürgerrechtlern Kopfschmerzen bereitet. Das liegt auch am EU-Gesetzgebungsprozess.

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, KI Midjourney  Collage c’t

(Bild: KI Midjourney | Collage c’t)

Lesezeit: 18 Min.
Von
  • Jan Mahn
Inhaltsverzeichnis

Gesetzgebung in einem demokratischen Nationalstaat könnte so einfach sein: Der Vorschlag für ein neues Gesetz wird formuliert, kommt auf die Tagesordnung des Parlaments, wird dort verhandelt, abgestimmt und schließlich vom Staatsoberhaupt unterschrieben und in einem Amtsblatt veröffentlicht. In einem Bundesstaat wie Deutschland ist das schon eine Stufe komplizierter, weil bei manchen Gesetzen der Bundesrat, eine Art Kammer der Ländervertretungen, mitreden darf, denn einige Gesetze sind zustimmungsbedürftig (wenn sie Länderinteressen berühren). Bei den meisten Gesetzen (Einspruchsgesetzen) kann der Bundesrat nur Einspruch einlegen und einen Vermittlungsausschuss anrufen, der Bundestag kann den Einspruch aber überstimmen. In Österreich gibt es den Nationalrat und den Bundesrat mit ähnlicher Aufgabenteilung.

Schon in solchen Konstrukten gibt es einige Interessenkonflikte, beispielsweise wenn eine Partei sowohl an der Bundesregierung als auch an Landesregierungen beteiligt ist und ein geplantes Bundesgesetz Landesinteressen zuwiderläuft. Verglichen mit der Gesetzgebung, die in Brüssel und Straßburg auf Ebene der Europäischen Union stattfindet, ist ein zustimmungspflichtiges Bundesgesetz mit Vermittlungsausschuss überschaubar komplex.

Europawahl 2024

In Deutschland dürfen am 9. Juni 2024 alle EU-Bürgerinnen und -Bürger ab 16 Jahren wählen, die im Wahlverzeichnis stehen. Im Vorfeld der Wahl beleuchten wir die Digitalpolitik der Europäischen Union und ordnen ein, welche Themen in Brüssel diskutiert wurden und werden.

Ausgerechnet Digitalpolitik, Datenschutz und Verbraucherrecht werden fast ausschließlich auf europäischer Ebene geregelt, was damit zusammenhängt, dass die EU einen gemeinsamen europäischen Binnenmarkt fördern will und digitale Dienstleistungen wie keine anderen über Ländergrenzen hinweg angeboten werden. Die Wahl zum Europäischen Parlament, die in Deutschland und Österreich am 9. Juni stattfindet, ist für digitalpolitische Themen in Europa damit die mit Abstand wichtigste Wahl. In "Wo EU-Gesetzgebung den Unterschied macht" lesen Sie, welche Projekte im Bereich der Digitalpolitik in der aktuellen Wahlperiode umgesetzt wurden – über viele haben wir in den vergangenen Jahren viel berichtet, auch weil technische Details oft kritikwürdig waren.