SSD defragmentieren - ja oder nein?

Das Defragmentieren der Festplatte ist ein Klassiker unter den Tipps zur PC-Wartung. Doch gilt das auch für SSDs? Wir klären Sie auf.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Theresa Möckel
Inhaltsverzeichnis

Wenn es um die allgemeine Geschwindigkeit von PCs geht, gehören Solid State Disks oder kurz SSDs zu den vielleicht wichtigsten Komponenten. Die Datenspeicher auf Flash-Basis sind beim Lesen und Schreiben von Daten meist um ein Vielfaches schneller als ihre elektromagnetischen Vorgänger, die klassischen Festplatten in Form von HDDs (Hard Disk Drives). Doch wie sieht es eigentlich mit dem Optimierungsbedarf von SSDs aus? Wer lange genug mit PCs gearbeitet hat, weiß, dass klassische Festplatten für den optimalen Betrieb von Zeit zu Zeit defragmentiert werden sollten. Doch gilt das auch für SSDs? Wir klären auf!

Klassische Festplatten (“Hard Disk Drives” oder kurz “HDDs”) werden im Laufe der Zeit immer langsamer. Das macht sich besonders dann bemerkbar, wenn über die Monate und Jahre viele und vor allem kleine Dateien auf die Festplatten geschrieben werden. Der Grund dafür liegt in der physikalischen Funktionsweise von HDDs: Die Daten liegen hier auf einer Drehscheibe, über die der Festplatten-Lesekopf bewegt wird - im Prinzip ist dieser Vorgang vergleichbar mit einer klassischen Vinyl-Langspielplatte. Die auf der Festplatte gespeicherten Daten werden in Blöcken arrangiert und dabei standardmäßig hintereinander gespeichert. Damit eine Datei gelesen werden kann, muss der Lesekopf an die entsprechende Stelle gebracht werden.

Beim ersten Speichern werden die Dateien “am Stück” gesichert. Nun passiert es aber im Laufe der Zeit, dass durch Löschen einzelner Dateien Lücken in der Blockstruktur entstehen, die später durch neue Daten gestopft werden. Ist nun eine neue Datei größer als die zur Verfügung stehende Lücke, teilen Windows, Linux und Co. diese entsprechend auf mehrere Blöcke auf - dadurch entsteht die so genannte Fragmentierung. Die Folge: Die Dateien sind nicht mehr am Stück gespeichert und der magnetische Lesekopf kann die Daten nicht mehr ohne Unterbrechung lesen. Stattdessen springt der Kopf auf der Festplattenoberfläche hin und her. Da die Festplatte bei jedem Schreib- und Lesevorgang etwas Zeit mit der Neuausrichtung des Lesekopfes verliert, macht die Fragmentierung klassische HDDs langsamer.

Werden Dateien nicht mehr am Stück gespeichert, spricht man von Fragmentierung. Bei klassischen Magnetfestplatten führt das zum Geschwindigkeitsverlust.

Die Lösung dafür liefert die Defragmentierung. Wahlweise mit System-Bordmitteln oder spezialisierter Software wird damit gewissermaßen das Dateisystem komplett neu geordnet. Ist dieser Vorgang abgeschlossen, liegen die Daten wieder am Stück vor, was vor allem beim Lesen in einer höheren Geschwindigkeit resultiert.

Auch auf Solid State Disks oder kurz SSDs werden Dateien blockweise gespeichert - ist es also ratsam, auch bei SSDs regelmäßig eine Defragmentierung durchzuführen? Soviel sei bereits verraten: Nein, ist es nicht. Das liegt schon an der komplett anderen Funktionsweise von SSDs. Im Gegensatz zu klassischen Festplatten kommen SSDs vollständig ohne mechanische Teile aus. Es gibt also weder eine drehende Platte noch einen Lesekopf, der hin- und herbewegt werden muss. Stattdessen lagern die Daten auf Solid State Disks auf einem Flash-Speicher. Der Controller der SSD adressiert beim Schreiben und Lesen die entsprechenden Speicherblöcke direkt und ohne elektromechanische Teile. Das ist vereinfacht ausgedrückt der Grund dafür, dass SSDs so viel schneller arbeiten als HDDs. Für uns noch relevanter: Die einzelnen Speicherzellen von SSDs werden grundsätzlich immer mit der gleichen Geschwindigkeit erreicht. Es macht also beim Lesen und Schreiben von Daten auf der SSD keinen Unterschied, ob die Datenblöcke hintereinander oder verteilt liegen.

Aus genau diesem Grund ist es nicht nötig, eine SSD zu defragmentieren - es bringt schlichtweg keinerlei Vorteile. Aktuelle Betriebssysteme wie Windows 10 oder neuere Linux-Versionen bieten daher gar nicht erst die Möglichkeit an, eine Defragmentierung von SSDs vorzunehmen.

Nicht nur bringt das Defragmentieren von SSDs keine Geschwindigkeitsvorteile, es kann dem Laufwerk sogar schaden! Der Grund: Die Speicherzellen von SSDs haben eine begrenzte Lebenszeit - nach einer bestimmten Anzahl von Schreibzugriffen geben sie schlicht und ergreifend den digitalen Geist auf. Fairerweise sei gesagt, dass die Gefahr von sterbenden SSDs in der Praxis überaus gering ist. Der Grund dafür sind einerseits die mittlerweile langlebigere SSD-Zellen, andererseits aber auch die SSD-Controller, die die Speichervorgänge intelligent verteilen. Die Controller sorgen dafür, dass jede einzelne Speicherzelle der Solid State Disks im gleichen Verhältnis verwendet wird. Das bedeutet: Die Controller verteilen die gespeicherten Daten gleichmäßig über die SSD-Oberfläche, um die Langlebigkeit des Speichers zu erhöhen. Greift nun eine Software - egal ob Betriebssystem oder externes Programm - durch eine forcierte Defragmentierung in diesen Vorgang ein, kann das zu einer verkürzten Lebensdauer führen.

Wer schon einmal einen Blick in die Systemeinstellungen von Windows geworfen hat, wird feststellen, dass das System auch SSDs standardmäßig “optimiert”. Klicken Sie dazu unter “Einstellungen” auf "System" klicken und dann "Speicher" wählen. Scrollen Sie nach unten und klicken Sie dann auf "Laufwerke optimieren". In nun geöffnetem Fenster führt Windows alle verbauten Festplatten - egal ob HDD oder SSD - auf. Auch hinter den Solid State Disks steht der Punkt “Optimieren”. Was genau hat es damit auf sich? Nun: Anders als bei HDDs erkennt Windows automatisch, dass eine SSD-Defragmentierung nicht vonnöten ist. Bei der Optimierung von SSDs, die Windows 10 beispielsweise automatisch einmal in der Woche vornimmt, prüft das System unter anderem einige automatische Optimierungsvorgänge, die SSDs hardwareseitig bieten. Ein Beispiel dafür ist die korrekte Einstellung des so genannten TRIM-Befehls.

Die Optimierung von SSDs unter Windows hat nichts mit der “klassischen” Defragmentierung von HDDs zu tun.

Kurzgesagt: Sie müssen sich mit einem modernen Betriebssystem in Sachen SSD praktisch um kaum noch etwas kümmern. Windows, Linux und macOS sind schon lange für den SSD-Einsatz optimiert und sorgen selbst dafür, dass die Flashspeicher lange und vor allem optimal funktionieren. Lassen Sie also die Finger von Programmen, die Vorteile durch das Defragmentieren von SSDs versprechen - sie haben schlichtweg keine Daseinsberechtigung.

Mehr Infos

(them)