"Darkest Dungeon 2" angespielt: Helden am Rande des Nervenzusammenbruchs

Das Rollenspiel-Roguelite "Darkest Dungeon 2" nimmt die Spieler mit auf einen Trip in den Wahnsinn. Originell, aber frustrierend schwer.​

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(Bild: Red Hook Studios)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Hauptsache mal einen kühlen Kopf bewahren. Im Rollenspiel "Darkest Dungeon 2" von den kanadischen Red Hook Studios geht es wie schon im Vorgänger nicht nur ums Monsterplätten. Zusätzlich müssen die Spieler immer einen Blick auf ihren Gemütszustand haben. Wer sich hier von den grausigen Gegnern schocken lässt, bekommt schnell einen Nervenzusammenbruch und zieht das ganze Team in den Abgrund.

Dunkelheit, verzerrte Landschaften und grausige Hintergrundgeräusche – so beginnt " Darkest Dungeon 2". Die Spieler erwachen in einer surrealen Welt und müssen mit einer Kutsche einen Berg erreichen, auf dem sie Erlösung finden wollen. Dazwischen gibt es immer wieder Scharmützel mit großen und kleinen Gegnerhorden. Nur Gasthäuser bieten in dieser düsteren, surrealen Welt Schutz. Wenn die Abenteurer-Gruppe auf ihrem Weg einmal besiegt wurde, geht die Mission von vorn los.

"Darkest Dungeon 2" angespielt (5 Bilder)

Originell, aber schwer: "Darkest Dungeon 2" ist ein Rollenspiel mit Stressgarantie. (Bild: heise online)

Warum, wieso, weshalb? Vieles bleibt in diesem Mix aus Rollenspiel und Roguelite rätselhaft. Die seltsame Landschaft, die an Filme wie "Das Kabinett des Dr. Caligari" erinnert und der aus dem Vorgänger bekannte, geheimnisvolle Erzähler – all das ergibt zunächst nur wenig Sinn. Erst, wenn an Schreinen die Vergangenheit der einzelnen Helden aufgedeckt wird, kommt etwas Licht in diesen düsteren Albtraum. Durch diesen eigenwilligen Erzählstil und die visuelle Gestaltung gelingt dem Entwicklungsstudio ein origineller Atmosphäre-Mix aus Expressionismus, Surrealismus und dem "kosmischen Horror" eines H. P. Lovecraft.

Niemand sollte ein episches Rollenspiel erwarten. Vielmehr geht es nur darum, den Berg in unterschiedlichen Spieldurchläufen auf steigenden Schwierigkeitsgraden zu erreichen. Nach jedem Scheitern muss man von vorn anfangen, aber dank gewonnener Erfahrungspunkte, hier Kerzen genannt, können die Spieler vor jedem Spieldurchlauf ihre Kämpfer etwas verbessern. Leicht wird es dadurch nicht. Einmal den falschen Weg gewählt und der Trupp landet vor einem nahezu unbesiegbaren Monster. Im Gegensatz zum Vorgänger gibt es aber keinen Permadeath, sondern die Kämpfer werden beim nächsten Durchlauf wiederbelebt. Wesentliche Charakterwerte bleiben erhalten. Das macht das Abenteuer etwas leichter als den Vorgänger.

Dennoch ist "Darkest Dungeon 2" ein Rollenspiel-Roguelite, das nur wenig Mitleid mit den Spielern hat. Anders als im Vorgänger, als die Spieler einfach von Gewölbe zu Gewölbe gezogen sind, ist man nun mit einer Kutsche unterwegs. Diese bewegt sich automatisch, aber die Spieler können durch kleine Seitenbewegungen Hindernissen ausweichen. Oft kommt die Kutsche an eine Weggabelung, bei der sich die Spieler für eine Richtung entscheiden müssen. Hat man zuvor einen Wachturm entdeckt, können die Spieler schon ahnen, was sie erwartet: große Schätze, dunkle Monsterhöhlen oder ein paar Überlebende, die den Abenteurern helfen können.

Genre-typisch gibt es viel zu entdecken. In Gewölben oder Monsterhöhlen lauern vom einfachen Banditen über Skelette bis zum glibbrigen Monster alle möglichen Feinde. Der Kampf läuft in der 2D-Ansicht rundenweise ab. Die Gegner stehen sich gegenüber und führen ihre Aktionen wie in einem klassischen JRPG nacheinander aus. Nicht jeder Spielcharakter ist für jede Position geeignet. Ritter und Barbaren gehören an die Front, während Fernkämpfer, Heiler oder Okkultisten eher aus dem Hintergrund angreifen. Leichen verschwinden nicht einfach, sondern schränken die Angriffsreichweite ein. Oft müssen die Abenteurer diese Überreste erst aus dem Weg schaffen, bevor sie effektiv angreifen können.

Neben ihren Lebenspunkten müssen die Spieler aber noch auf etwas anderes achten: ihren Stresslevel. Jede unheimliche Begegnung und einige Angriffe verursachen Stress. Selbst wenn eine Figur mal mit einer Aktion aussetzt oder ein anderes Teammitglied eine Niederlage erleidet, wirkt sich das auf den eigenen Gemütszustand aus. Erreicht der Stress einen kritischen Punkt, folgt oft ein Nervenzusammenbruch mit entsprechendem Lebensverlust. Nur in seltenen Momenten beweist ein Kämpfer Standfestigkeit und widersteht dem Bösen.

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Damit das Abenteuer nicht zu schnell endet, kann sich das Team im Gasthaus mit Gegenständen ausrüsten, die mehr Schaden, bessere Heilung oder höheren Widerstand bescheren. Bei der Rast kann sich das Team auch eine satte Mahlzeit gönnen, bei einer Meisterin seine Fähigkeiten verbessern oder die Kutsche aufwerten. Die geht nämlich auf der holprigen Fahrt gerne mal in die Brüche. Ein Hauch Social-Sim kommt auch noch dazu, wenn sich auf der Fahrt Neid oder sogar Hass unter den Teammitgliedern entwickelt.

Bis die Spieler alle Spielmechaniken und Wechselwirkungen zwischen Kämpfen, Stresslevel und Boni verinnerlicht haben, vergeht einige Zeit. Trotz Tutorial bleibt nicht nur die Story rätselhaft. Schade, dass Red Hook neue Spieler, die den ersten Teil nicht kennen, nicht besser zur Hand nehmen und einige Spielfunktionen genauer erklärt. Das drückt auf den Spielfluss. Wer sich aber reinbeißt und vor ein bisschen Stress keine Angst hat, kann sich auf eines der originellsten Rollenspielkonzepte der letzten Jahre freuen.

In "Darkest Dungeon 2" strapaziert Entwicklungsstudio Red Hook die Nerven der Spieler. Zwar ist es einen Tick leichter geworden als der Vorgänger, aber das veränderte Roguelite-Prinzip wird die Spielergemüter spalten. Genrefans dürfte das egal sein, erwartet sie doch ein atmosphärisch dichtes Albtraum-Abenteuer, bei dem sie sich auf spannende Kämpfe und ungewöhnliche Spielideen freuen dürfen. Der Mix aus klassischem Rollenspiel, Social-Sim und Horrortrip entwickelt auch diesmal eine motivierende Sogwirkung, bei dem man wahnsinnig viel Frust und Spaß haben kann.

"Darkest Dungeon 2" von den Red Hook Studios ist für Windows erschienen. Es kostet ca. 40 €. USK nicht geprüft. Für unser Angespielt sind wir ein paar Stunden von Gasthaus zu Gasthaus gereist.

(dahe)