MIT Technology Review 8/2023
S. 51
Report
Kolumne

Die Zukunft ist nicht-binär

Ein bisschen mehr Feminismus und Analyse statt Geschwindigkeit könnten in eine freiere, selbstbestimmtere und gerechtere Digitalisierung führen. Sogar am Flughafen.

New York. Ich stehe am Flughafen. Genauer: in der Schlange vor dem Sicherheitscheck. Ich beobachte, wie sich die Menschen vor mir in den Bodyscanner stellen. Bei den meisten geht es ganz schnell, bei anderen schlägt die Maschine an. Ich muss an Sasha Constanza-Chock denken. Bei ihr schlägt die Maschine immer an. Sasha ist Aktivistin, Wissenschaftlerin. Sie ist nicht-binär trans*femme. Für die Maschine am Flughafen ist Sasha aber vor allem eines: eine Abweichung von der Norm. Bevor man in die Maschine tritt, muss das Sicherheitspersonal auf der anderen Seite das Geschlecht auswählen. Jeder Mensch, der aus der Norm fällt, wird als Sicherheitsrisiko gekennzeichnet und muss sich einem separaten Abtast-Check unterziehen. Als herabwürdigend bezeichnet Sasha dieses System. Zu Recht.

, Illustration: Rainbow Unicorn
Illustration: Rainbow Unicorn

Diese Kolumne soll deshalb ein Plädoyer für Komplexität sein. Nur wenn wir Komplexität zulassen, können wir eine Digitalisierung gestalten, von der unsere Gesellschaft nachhaltig profitiert. Um Komplexität und Ungleichheit zu begreifen, hilft ein intersektional feministischer Blick auf Digitalisierung. Feminismus ist mehr als Frauenrechte. Feminismus ist eine Bewegung, die verschiedene Formen der Unterdrückung versucht zu erkennen, zu verstehen und zu bekämpfen. Ein feministischer Blick fokussiert auf die Bedürfnisse von vulnerablen und marginalisierten Gruppen. Ich bin überzeugt: Hätte man den Bodyscanner mit diesen Prinzipien im Fokus entworfen, hätte man von vornherein ein System implementiert, dass der Vielfalt der Gesellschaft gerechter wird.