MIT Technology Review 2/2023
S. 112
Review
Meinung

Weg frei für weniger Tierversuche

Die USA verlangen keine Tierversuche mehr und machen damit den Weg für alternative vorklinische Tests frei. Das ist konsequent, auch wenn noch klare Richtlinien fehlen.

Nur zehn Prozent aller Medikamentenkandidaten schaffen es von der ersten klinischen Testphase bis zur Zulassung. 90 Prozent der Wirkstoffe also, die nach den vorklinischen Tierversuchen mit Nagern zu den Tests am Menschen weitergewunken wurden, enttäuschen die Erwartungen. Schlimmstenfalls, weil sie sich doch als zu gesundheitsschädlich erweisen, bestenfalls, weil sie schlicht nicht wirksam genug sind oder im Menschen nicht das bewirken, was sie in Mäusen, Ratten, Hamstern oder Primaten bewirkt haben. Bei Substanzen, die auf das Nervensystem abzielen, liegt die Durchfallquote noch höher.

Daraus haben die USA – nach intensiver Lobbyarbeit von Tierschutzorganisationen – nun die richtigen Konsequenzen gezogen. In dem von Präsident Biden im Dezember unterschriebenen Modernization Act 2.0 der US-Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) sind Tierversuche nicht mehr zwingend vorgesehen, um erste klinische Studien an Menschen für einen Wirkstoff oder eine Therapie zu ermöglichen. Tierversuche als Teil der Entwicklungskette werden zwar nicht komplett abgeschafft. Nun sind aber auch Alternativen wie Tests auf Organchips möglich. Dabei fließt das Medikament in winzigen Kanälchen etwa über Leber-, Lungen-, Herz- und Nierenzellen hinweg. Der Vorteil: Hier reagieren menschliche Zellen.