MIT Technology Review 8/2022
S. 93
Report
Jubiläum

Ins Gesicht geschrieben

Vor 150 Jahren veröffentlichte Charles Darwin ein Buch über Emotionen. Damit legte er den Grundstein für eine umstrittene Anwendung von KI: die Emotionserkennung.

Wolfgang Stieler
Diese Fotos aus Darwins Buch über Emotionen sollen Verachtung, Missfallen und Ablehnung illustrieren., Foto: The Expression of the Emotions in Man and Animals / Oscar Gustave Rejlander
Diese Fotos aus Darwins Buch über Emotionen sollen Verachtung, Missfallen und Ablehnung illustrieren.
Foto: The Expression of the Emotions in Man and Animals / Oscar Gustave Rejlander

Im Jahr 1872, also 13 Jahre nach seinem Hauptwerk über die Entstehung der Arten, veröffentlichte Charles Darwin das Buch Der Ausdruck der Gemütsbewegungen bei dem Menschen und den Tieren – im englischen Original: The Expression of the Emotions in Man and Animals.

Die zentrale These in diesem Buch war nicht minder revolutionär als seine Evolutionstheorie: Der Naturforscher postulierte darin, dass Menschen ihre Emotionen von frühen tierischen Vorfahren geerbt haben, Emotionen also gewissermaßen evolutionäre Überbleibsel sind. Hass, Zorn, aber auch Liebe, Freude oder Scham würden durch uralte Teile unseres Nervensystems als Reaktion auf bestimmte Auslöser hervorgerufen und wiesen einen spezifischen, einheitlichen Ausdruck, eine Art Fingerabdruck, auf.