MIT Technology Review 4/2020
S. 3
Editorial
© Joanna Nottebrock

Liebe Leserinnen und Leser,

Glück? Nicht euer Ernst in Zeiten der Corona-Krise, ließe sich einwenden. Es wäre nicht ganz von der Hand zu weisen. Aber vielleicht ist es gerade jetzt wichtig, darüber nachzudenken, was gut ist – und zwar nicht, um die Lage gesundzubeten, sondern um sie tatsächlich besser zu machen. Wie komplex so etwas wie Glück ist, zeigt der Blick in den World Happiness Index der Vereinten Nationen: Die Gesamtplatzierung ergibt sich aus Einzelwertungen wie Wirtschaftskraft, Gesundheit oder soziale Unterstützung. Und hier liegen die Länder zum Teil weit auseinander. Luxemburg etwa hat von allen im Jahr 2018 untersuchten Nationen das höchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf – belegt aber nur Platz 14 in der Rangliste. Noch deutlicher ist die Diskrepanz in der Kategorie „soziale Unterstützung“. Hier liegt Turkmenistan vorn, während es insgesamt ­lediglich Rang 87 erreicht. Usbekistan hingegen bietet angeblich das höchste Maß an freier Lebensentscheidung – ist aber nur die Nummer 41.

Man kann die einzelnen Werte anzweifeln, aber im Großen und Ganzen bleibt bestehen: Armut macht unglücklich, aber viel Geld eben noch lange nicht das Gegenteil. Gut ist, wenn man sein Leben selbst in die Hand nehmen kann – solange man nicht allein gelassen wird. Soziale Sicherheit ist wichtig – wenn sie nicht in soziale Überwachung ausartet.

Völlig klar, dürfte nun wohl jeder sagen. Aber wissen Sie wirklich, was diese ­Abwägung für Sie selbst bedeutet? Wie viel Bewegung, wie viel Freiheit und wie viel Stress Sie für Ihre eigene Zufriedenheit brauchen?

Um diese Fragen zu beantworten, suchen Forscher nach messbaren Kriterien für das persönliche Glück. Die ersten Produkte sind bereits auf dem Markt, als ­Stimmungs-Tracker, Geräte für Hirnwellen-Messungen oder Wearables, die Haut­widerstand und körperliche Aktivität analysieren. Ab Seite 28 schreibt unser Autor, welche der Angebote nützlich sind – und ob die Jagd nach dem Glück am Ende wirklich glücklich macht.

Deutschland liegt im aktuellen World Happiness Index übrigens auf Platz 17. Es gibt also noch Luft nach oben. Ich hoffe daher, Sie haben viel Spaß beim Lesen.

Ihr

Robert Thielicke