c't 19/2023
S. 3
Standpunkt

X: Eine schlecht geschriebene Dystopie

Elon Musk hat den Vogel abgeschossen und Twitter in X umbenannt, die Firma Twitter Inc. in X Corp. Diese wiederum ist Teil der X Holdings Corp., deren Eigentümer ist er selbst. Die gesamte Aktion könnte aus einem schlecht abgekupferten Drehbuch stammen, dessen Schreiber zu viel Mr. Robot geschaut hat und dachte, E Corp. wären die Guten. Dabei sieht das X sogar noch fieser aus als das E aus der Hacker-Serie. Setz einen Zehnjährigen vor ein Blatt Papier und stelle ihm die Aufgabe, das Logo eines bösen Unternehmens zu zeichnen, und er wäre mit Sicherheit auch auf das X gekommen.

Von allen verfügbaren Buchstaben, die Musk hätte wählen können, strahlt das neue Logo, ein weißes X auf schwarzem Grund, am wenigsten Seriosität aus. Die passende Seite x.com existiert schon und leitet bei Aufruf weiter an Twitter. Ein Seitenname, den man ungern in den Browser tippen will, wenn andere Leute hinter einem stehen, schon allein wegen der Nachbarschaft zu Pornoseiten. Tweets heißen nun übrigens laut Musk x’s – ja, mit Deppen-Apostroph. Wer seinen Frust über die neueste Entwicklung twittern will, muss es jetzt weg-x’en.

Trotz aller Aufregung war die Aktion nicht unabsehbar: Musk liebt den Buchstaben x und nannte den Vorgänger von PayPal schon X. Gut, dass man damals lieber PayPal wählte, was sich etwa so übersetzt wie: ein Kumpel, der beim Bezahlen hilft. X wäre dagegen ein schrecklich unseriöser Name für ein Bezahlverfahren gewesen. Mit SpaceX trägt ein weiteres seiner Unternehmen ein X im Namen. Selbst zweien seiner Kinder drückte er seinen Lieblingsbuchstaben auf: X Æ A-Xii und Exa Dark Sideræl.

Musk folgt mit der Namensänderung seinem Plan, aus X eine Alles-App zu machen, mit der man künftig sogar bezahlen soll. Er wird – bis er die auch feuert – sicher noch Horden von PR-Experten beschäftigen, X-Nutzern zu erklären, warum man seine Kontodaten einem blass-bösen X überlassen soll. Wenn das mal nicht ein Satz mit x wird.

Wilhelm Drehling
Wilhelm Drehling

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