c't 9/2021
S. 38
Aktuell
Displays

Biegsame Scheiben

Ultradünne Gläser für Faltphones

Samsung dominiert den Markt der faltbaren Mobildisplays mit Technikspezialitäten und ­Finanzspritzen. Apple wartet derweil auf konkurrierende ­Glaslieferanten. 

Von Ulrike Kuhlmann

Mit seinem ersten Galaxy Fold läutete Samsung vor zwei Jahren die Zukunft der Falt- und Klapp-Phones ein. Die Geräte unterscheiden sich auf den ersten Blick durch ihre Mechanik: Bei einigen klappt das Display nach außen (outfold), bei den meisten nach innen, gefaltet werden diese sowohl horizontal wie ein Buch (infold) als auch vertikal wie eine Muschel (clamshell).

Die Oberfläche muss bei Outfolds wie Huaweis Mate oder Royoles FlexPai deutlich stabiler gegen mechanischen Druck und Kratzer sein. Das dürfte ein Grund sein, warum Huawei beim Mate-Nachfolger X2 auf das Infold-Prinzip umgeschwenkt ist. Wie Motorola beim Razr klappt Samsung beim Z Flip das innenliegende OLED stattdessen vertikal. Das Flip ist auch dank des kleineren Displays kompakter und preiswerter. Insgesamt bleiben die Faltphones in den kommenden Jahren dennoch deutlich teurer als ihre unflexiblen Pendants. 

Im Z Flip nutzt Samsung ultradünnes Glas als Deckschicht, die Touchschicht wurde ins Panel integriert.

Ultradünnes Glas

Samsungs Z Flip (c’t 14/2020, S. 88) und der zweite Galaxy-Aufschlag Z Fold 2 (c’t 23/2020, S. 114) unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt von allen anderen Faltphones: Sie nutzen eine Deckschicht aus echtem Glas. Das ultradünne Glas (UTG, Ultra Thin Glass) hat einige Vorteile gegenüber der hitzebeständigen Plastikdeckschicht (CPI, Colorless Polyimide) anderer flexibler Smartphones. So werden Glasoberflächen gerade bei teuren Mobilgeräten besser akzeptiert als Plastikoberflächen, sie fühlen sich wertiger an und die Finger gleiten leichter über die glattere Touchoberfläche. Glas ist resistenter gegen Kratzer, es ist lichtdurch­lässiger und blättert auch bei sehr häufigen Faltungen an den Kanten nicht ab. Allerdings eignet es sich nicht für nach außen geklappte Displays, weil es anders als Kunststoff nicht dehnbar ist.

Die Glasdeckschicht für faltbare Geräte trägt dünner auf als die vergleichbare Kunststoffschicht, genannt werden 30 Mikrometer für UTG und 80 Mikrometer für CPI. In der Folge verringert sich auch der mögliche Biegeradius. Dazu muss das UTG allerdings vorbehandelt werden.

Entwickelt wurde das ultradünne Glas für Samsungs Faltphones vom Mainzer Glasproduzenten Schott, nachbehandelt wird es vom koreanischen Dowoo Insys. Um Brüche beim Zuschneiden und Schleifen zu vermeiden, schichtet Dowoo zunächst zehn Muttergläser aufeinander. Anschließend werden die Schichten wieder getrennt und chemisch gehärtet und gezogen, um eine gleichmäßige, stabile Oberfläche zu erhalten. Diese Nachbehandlung ist kostspielig und fehleranfällig – Faltdisplays mit UTG sind deshalb teurer als solche mit CPI-Deckschicht.

Samsungs Vormachtstellung

Samsung hält dennoch an den Vorteilen des UTG fest und sichert sich die Technik sogar: Das Unternehmen hat einen Exklusivvertrag mit Schott geschlossen und in Dowoo investiert, weshalb das Unternehmen das fertige UTG ausschließlich an Samsung Displays liefert. Letztere beliefern Samsung Electronics mit den UTG­-Faltdisplays, an andere Smartphone-Hersteller verkauft Samsung Displays derzeit ausschließlich flexible OLEDs mit CPI-Deckschicht. Hierdurch hat sich der Konzern im Bereich der faltbaren Mobilschirme die Poleposition erkauft. Neben Marktführer Samsung Displays produzieren LG sowie die chinesischen Displayspezialisten BOE und Visionox faltbare OLEDs. Die Panelschmiede Royole, die ebenfalls flexible OLEDs produziert und 2020 sogar ein eigenes Faltphone vorgestellt hat, wird auf längere Sicht keine große Rolle spielen.

85 Prozent aller faltbaren OLEDs produzierte im vergangenen Jahr Samsung ­Displays. An dieser Vormachtstellung wird sich ­vorerst wenig ändern.
Bild: DSCC

Neben Schott/Dowoo arbeiten auch andere Hersteller an ultradünnen, flexiblen Gläsern, darunter der für seine Gorillagläser bekannte Glashersteller Corning, dessen Gläser Samsung für herkömmliche Smartphones nutzt. Aktuell evaluiert Apple mit Samsung-Displays mögliche faltbare iPhones und iPads mit UTG. Nach Einschätzung der Marktforscher von DSCC wird es vor 2023 aber keine iOS-Geräte mit Faltdisplay geben. Bis dahin wird Samsung Electronics seine Vormachtstellung zweifellos behalten und etliche weitere Falthandys vorstellen. (uk@ct.de)

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