c't 5/2021
S. 182
Story
Das Universum ohne Eisbärin
Bild: Jan Bintakies

Das Universum ohne Eisbärin

Ein allgegenwärtiger digitaler Assistent hat viele Vorzüge: Er liefert nicht nur eine Fülle von Informationen, sondern übernimmt auch das Speichern von Erinnerungen. Das ist ein wahrer Segen – denn wer will schon wichtige Dinge oder gar Personen vergessen?

Von Aiki Mira

Als hätten sich unsere Tegos heimlich synchronisiert, setzen wir uns gleichzeitig. Sie am Fenster, ich am Gang. Gleich beginnt unser Langstreckenflug. Gleich beginnt eine Zeit, unwirklich und lang. Eine Zeit, in der wir Tego herausnehmen können, ohne gleich ein Warnsignal von ihm zu bekommen. Zehn Stunden ohne Langzeitgedächtnis. Wir freuen uns darauf, denn bei uns klemmt der Neurochip noch im Ohr und stört, sobald unsere Köpfe im Schlaf zur Seite rollen.

Wir sehen uns an und lächeln. Bei ihr ist es Vorfreude. Ich lächle, weil sie lächelt, und ich weiß, was sie dabei denkt: endlich schlafen und nicht bloß ausruhen. Ausruhen ist das, was Menschen tun, anstatt wie früher zu schlafen. Besonders junge Menschen. Kein Wunder, bei ihnen ist Tego fest eingebaut. Ihre Körper befinden sich dadurch in ständiger Alarmbereitschaft.

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