c't 21/2020
S. 124
Wissen
Technik in Planetarien
Bild: Thorsten Hübner

Eintauchen in Planetenwelten

Welche 360-Grad-Video- und Tontechnik in Planetarien steckt

Endlose Welten mit unzähligen Sternen am Nachthimmel: Ein Planetarium eröffnet Blicke ins Weltall, wie man sie sonst bestenfalls von hohen Bergen oder mit großen Teleskopen zu sehen bekommt. Das erfordert einigen Aufwand an Licht- und Tontechnik.

Von Florian Scholz und Ulrich Hilgefort

Ein Planetarium ist ein Paradebeispiel für Infotainment – also die Kombination von Information und Entertainment – und den hohen Anforderungen, die damit verbunden sind. Einerseits muss es Bilder des Sternenhimmels exakt darstellen, andererseits soll es auch Menschen unterhalten, die keine Hobby-Astronomen sind.

Damit dieser Spagat klappt, arbeiten in modernen Planetarien meist zwei optische Systeme parallel, die von einer aufwendigen Audioanlage unterstützt werden.

Sternenprojektor

Hinsichtlich der Projektionen wären zunächst die klassischen „Sternenmaschinen“ zu nennen, leistungsfähige und ausgeklügelte Spezialprojektoren, die ein möglichst realistisches Abbild des tatsächlichen Sternenhimmels auf der halbkugelförmigen Projektionsfläche erschaffen – den künstlichen Nachthimmel.

Ein solcher Projektor steht in der Mitte des Saales, damit seine Lichtstrahlen unverzerrt und möglichst korrekt die Rundum-Leinwand erreichen. Dank raffinierter Lichttechnik und mathematisch exakter, elektromechanisch variierbarer Positionierung des Planetariumsprojektors lässt sich beispielsweise das Sternenbild zur Zeit von Christi Geburt ebenso zeigen wie der Sternenhimmel, den man nur auf der südlichen Erdhalbkugel zu sehen bekommt.

Schärfe, Auflösung, Dynamik und Farben erreichen bei der Abbildung jedes einzelnen Sterns und der gesamten Milchstraße ein Niveau, das derzeit kein digitales Video-Projektionssystem erreicht.

Frühere Projektionssysteme nutzten Halogenlampen, die von Lochplatten aus Metall umgeben waren. Sie bildeten den Sternenhimmel vergleichbar mit einem Dia ab. In den modernen Varianten stecken zwar immer noch Lochplatten, allerdings wird bei den Topmodellen das Licht hier nun mittels Lichtwellenleiter zur Lochplatte geführt, was eine höhere Lichtausbeute ergibt.

So hat Zeiss’ leistungsfähigstes Gerät „Universarium IX “ je eine 400-Watt-Lampe für die nördliche und die südliche Halbkugel. In der neuesten Ausführung nutzt es dabei LED-Lichtquellen, die im Vergleich zu Halogenlampen eine höhere Effizienz liefern und Energie sparen.

Jeder der rund 10.000 Sterne hängt nun an einem gläsernen Faden, der das erzeugte Licht nahezu verlustfrei über ein Bündel von Glasfasern den einzelnen Sternöffnungen auf dem Sternfeld-Dia zuführt. Insgesamt gibt es 32 Sternfelder mit jeweils vorgelagerten Spezialoptiken, die das Sternfeld präzise auf der Kuppel abbildet.

Universarium IX ist das leistungs­fähigste Planetariumsgerät von Zeiss. Der nur etwa ein Meter durchmessende, kugelförmige Sternenprojektor kann den Sternenhimmel für jeden beliebigen irdischen Standort naturgetreu an der Sternenkuppel abbilden.
Bild: Zeiss

In den Planetarien in Hamburg, Bochum und Mannheim kommt der „Universarium IX“ zum Einsatz – mit Anschaffungskosten von rund drei Millionen Euro. Für diese Lösung gibt es gute Argumente, wie Dr. Christian Theis, Direktor des Planetariums Mannheim, erläutert: „Für seine Aufgabe, nämlich die naturgetreue Darstellung des Nachthimmels, so wie er dem menschlichen Auge erscheint, ist er in einer 20-Meter-Kuppel nach wie vor die Maschine der Wahl – und einem digitalen Sternhimmel [aus einem Videoprojektor, Anmerkung der Redaktion] meilenweit überlegen.“

In kleineren Planetarien, speziell in Schulen und Universitäten, findet man meist einfachere Ausführungen – bis hinunter zu handelsüblichen Videobeamern.

Digital-Beamer

Doch gewöhnliche, deutlich günstigere Videoprojektoren haben ebenfalls ihren Weg in Planetarien gefunden. Licht- und auflösungsstarke Modelle projizieren Bilder, die der Sternenprojektor nicht liefern kann – zum Beispiel ein  Sonnenuntergangsszenario oder Architekturvideo, die Skyline einer Großstadt oder eine Videosequenz aus einem Rockkonzert. Sie sind oft am äußeren Rand des Planetarium-Saals montiert und bespielen jeweils das direkt gegenüber liegende Segment des künstlichen Himmels.

Blick in den Saal des Planetariums Mannheim: Die Videoprojektoren sind häufig (wie auch in diesem Fall) am unteren Rand der weißen Kuppel montiert.

Wie bei einem gewöhnlichen Videoprojektor sind der thematischen Auswahl des gezeigten Materials keine Grenzen gesteckt: Die Videobeamer der Planetarien in Jena, Berlin oder Hamburg beispielsweise bieten eine sogenannte „Full Dome“-Projektion von 360-Grad-Videos, in denen auch Planeten, Asteroiden, Aliens und Raumschiffe auf die Zuschauer zufliegen können. 

Dennoch sind sie bislang nur ein Bonus zu den eigentlichen Sterneprojektoren, da nach dem aktuellen Stand der Technik digitale Full-Dome-Systeme die Helligkeitsunterschiede der Sterne nicht so fein abgestuft wie diese wiedergeben können. Immerhin bietet Zeiss inzwischen mit dem „Velvet LED“ den nach eigenen Angaben weltweit einzigen Full-Dome-Projektor an, der (auch) für die astronomischen Darstellungen in Planetarien geschaffen wurde.

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