c't 15/2020
S. 35
Aktuell
Sensoren

Bewegungsloses Lenken

Autonome Autos: Lidar ohne rotierenden Spiegel

In herkömmlichen Lidar-Systemen zur Abstands- und Geschwindigkeitsmessung rotieren Spiegel, um Laserstrahlen zu lenken und so die Um­gebung abzutasten. Ein US-Start-up kündigt einen Lidar an, der den Laserstrahl allein mittels eines elektrisch empfindlichen Meta-Materials führt.

Von Dušan Živadinović

Die in Seattle, Washington, ansässige Firma Lumotive kündigt erste 3D-Sensoren an, die ihre selbstentwickelte Flüssigkristall-Meta-Oberfläche für Lidar-Systeme nutzen (light detection and ranging). Bereits Ende Mai gab Lumotive an, das Liquid Crystal Metasurface (LCM) kostengünstig per CMOS-Prozess herstellen zu können. Lumotive verspricht gegenüber herkömmlichen, MEMS-basierten Systemen (Micro-Electro-Mechanical Systems) größere Öffnungswinkel und höhere Reichweiten. Von beidem hängt die Auflösungsgüte wesentlich ab. Auch sei sein LCM-basierter Lidar „kompakter und zuverlässiger“ als Systeme mit rotierenden Spiegeln.

Oberfläche lenkt Licht

Besonders spannend am Lumotive-Lidar erscheint die Methode zur Führung des Laserstrahls: Das Meta-Material besteht aus zwei extrem dünnen Schichten, nämlich einer Resonator-Ebene, die Flüssigkristalle bedecken. Diese strahlt ein Laser in einem festen Winkel an. Legt man an die Flüssigkristallschicht modulierte elektrische Signale an, ändert sich der Brechungsindex und damit die Dauer, bis aufgetroffene Photonen einen Resonator verlassen. So entspricht jeder Resonator einem programmierbaren Phase-Delay-Element. Lumotive steuert die LCM-Oberfläche mit unterschiedlichen Spannungsmustern an, um „beliebige Phasenprofile“ zu erzeugen, sodass Wellenfronten entstehen, die die Meta-Oberfläche in die erwünschte Richtung verlassen – ähnlich einem Phased-Array-Radar.

Das von Lumotive entwickelte Meta-Material lenkt Laserstrahlen je nach angelegter Spannung gleitend in erwünschte Richtungen.
Bild: Lumotive

Erste Lidar-Muster will die Firma ab dem vierten Quartal 2020 ausliefern. Das X20 genannte Modell hat Lumotive für Fahrerassistenzsysteme ausgelegt, den Z20 für die Industrieautomation (etwa Hinderniserkennung in der Robotik). Der X20-Lidar tastet die Umgebung auf bis zu 120 Meter selbst in „hellem Sonnenlicht“ ab. Der Öffnungswinkel beträgt 120° × 30°. Der Z20 reicht etwa 50 Meter weit bei einem vertikalen Öffnungswinkel von 70°. Mit dem M20 will Lumotive ab 2021 „Verbraucher im mobilen Umfeld“ ansprechen. Gemeint ist ein Entfernungsmesser für Handwerk, Bau- und das Vermessungswesen. (dz@ct.de)

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