c't Extra 2019
S. 138
Praxis & Wissen
Packet Radio statt Internet
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Lizenz zum Löten

Packet Radio als Alternative zu Internet per Telefonmodem

Das Internet war kurz nach der deutschen Wiedervereinigung den Universitäten und Firmen vorbehalten. Wer hip war, versuchte sich im Online-Banking per BTX oder saugte mit sagenhaften 14.400 Bit/s gecrackte Software aus Mailboxen – bei Telefongebühren von umgerechnet 20 bis 50 Cent pro Minute. Kaum jemand kannte das deutschlandweite, öffentliche, kostenloses Netz für jeden mit der Lizenz zum Löten.

Das Internet war kein Neuland, sondern ein gänzlich unbekanntes Wesen, als vor gut 30 Jahren zwei deutsche Völker damit beschäftigt waren, eins zu werden. Allenfalls Wissenschaftler und Studenten kannten dieses ominöse Computernetzwerk, in dem man Daten zwischen Rechnern übertragen konnte. Zu Hause kannte man Datennetze höchstens vom Online-Banking via BTX mit 2400 Bit/s.

Es waren nur Nerds, die sich sündhaft teure 9k6-Modems mit Postzulassung (oder billigere, illegale 14k4-Modems ohne Zulassung) leisteten und damit nächtelang Mailboxen nach gecrackten Spielen oder anderen Programmen absuchten. Nachts deshalb, weil die reinen Telefonkosten für Ferngespräche dann von rund 50 Cent auf knapp 20 Cent pro Minute sanken. Außerdem waren nachts die Chancen höher, nicht dauernd ein Besetzt-Zeichen zu bekommen. Schon nach einer Nacht fiel die Telefonrechnung höher aus als die eines heutigen VDSL-Anschlusses.