c't 26/2019
S. 33
aktuell
Oculus Link

Oculus Link: Autarkes VR-Headset Quest wird zum PC-Headset

Ein kostenloses Software-Update macht das autarke VR-Headset zum waschechten PC-Headset – ein technisch aufwendiges Unterfangen, das in der Praxis beeindruckend gut funktioniert.

Bislang brauchte man das USB-Kabel bei der Oculus Quest nur zum Aufladen – nun wird das Headset damit zur PC-VR-Brille.

Bisher führte das autarke VR-Headset Oculus Quest nur lokale VR-Anwendungen auf dem integrierten Android-System aus. Nun hat der Hersteller ein Software-Update in einer Beta-Version veröffentlicht, mit dem die Quest zum waschechten PC-Headset wird – und damit grafisch deutlich aufwendigere Software darstellen kann als zuvor.

Gekoppelt werden PC und Headset über ein konventionelles USB-Kabel, die Oculus-Windows-Software muss vorher installiert sein. Die USB-3.0-Bandbreite reicht nicht für ein unkomprimiertes Bildsignal, die Ausgabe der Grafikkarte wird deshalb on the fly komprimiert. Das funktioniert erstaunlicherweise ohne sichtbare Artefakte – und vor allem ohne spürbar längere Verzögerung als mit konventionell über DisplayPort oder HDMI verkabelten Headsets.

Technische Tricks

Technisch funktioniert das Ganze so: Zuerst bestimmt die Quest über die integrierten Kameras ihre eigene Position und die der Controller im Raum. Danach überträgt sie diese Positionen per USB an den PC. Der berechnet den aktuellen Frame und komprimiert ihn für die Anzeige.

All das erhöht zwangsläufig die Latenz, Oculus trickst daher: Der erste Trick besteht darin, beim PC die Hardware-Encoder der Grafikkarte zu nutzen. Die arbeiten aber mit festen Auflösungen, von denen keine der Auslösung der Displays in der Quest entspricht. Oculus muss das Bild daher verkleinern. Damit die Bildqualität dabei nur unmerklich leidet, überträgt die Quest nur in der Mitte die volle Auflösung. Fürs periphere Sehen stehen dem Auge ohnehin weniger Sehzellen auf der Netzhaut zur Verfügung. Oculus staucht daher das Bild an den Rändern und nennt das „Axis-Aligned Distorted Transfer“ (AADT). Zusätzlich zerschneidet Oculus das verzerrte Bild in Streifen und überträgt diese hintereinander. So kann der Hardware-Decoder in der Quest schon mal den ersten Streifen dekodieren, während Streifen 2 gerade übers USB-Kabel geht und die Grafikkarte Streifen 3 noch enkodiert.

Mit Oculus Link wird die 450 Euro teure Quest ein ernstzunehmendes PC-Headset, das gegenüber vielen Mitbewerbern sogar Vorteile bietet: So kann man hier den Augenabstand einstellen, was bei vielen Windows-MR-Headsets sowie der Oculus Rift S nicht geht. Außerdem wirkt das Bild dank Quest-OLED-Display farbkräftiger als beispielsweise beim LC-Display der Rift S, zudem ist das Schwarz deutlich besser. Es wirkt allerdings trotz ähnlicher Auflösung nicht so scharf wie bei der Rift S, denn die Pixel sind bei der Quest in der ungleichmäßigen Pentile-Matrix angeordnet. Bei unseren Tests funktionierte die Quest nicht nur mit Titeln aus dem Oculus Store problemlos, sondern auch mit SteamVR-Software. Ein Wermutstropfen ist die zurzeit noch geringe Zahl kompatibler Grafikkarten. Unterstützt werden bislang lediglich Nvidia-Modelle – was sich bis zum Beta-Ende allerdings laut Oculus noch ändern kann. Ebenfalls recht anspruchsvoll ist Oculus Link in Sachen USB-Kabel: Von mehreren von uns getesteten Kabeln funktionierte lediglich ein PowerLine+-USB-3.0-Kabel von Anker (0,9 Meter), das wir mit einer 3-Meter-Verlängerung von DeLock verbunden hatten. Oculus will noch in diesem Jahr ein offizielles fünf Meter langes Link-Kabel mit Glasfaser in den Handel bringen. Außerdem ist USB-3.1-Unterstützung mit (noch) besserer Bildqualität geplant. (jkj@ct.de/pmk@ct.de)