c't 23/2019
S. 36
aktuell
Adobe

Drum prüfe, wer sich bindet

Adobe schaltet seine Creative Cloud in Venezuela ab

Adobe sieht sich vom US-Präsidenten gezwungen, seinen Kunden in Venezuela Zugang zu hauseigenen Produkten zu entziehen. Ob und warum der Zwang besteht, ist fraglich, aber den Kunden hilft das wenig.

Adobe hat angekündigt, seine Creative Cloud für venezolanische Kunden zu sperren. Bis zum 28. Oktober haben Adobe-Nutzer in Venezuela Zeit, ihre Daten zu exportieren. Danach sind nicht nur die diversen Cloud-Speicher des Konzerns nicht mehr verfügbar, sondern auch Abos für Creative-Cloud-Applikationen werden vor dem regulären Ablauf gekündigt. Einzig die Online-Plattform Behance hält den Betrieb aufrecht.

Die Kunden trifft das hart, denn Adobe bietet seine Software schon länger nicht mehr als Kaufversionen an. Apps wie PhotoShop, InDesign oder Lightroom lassen sich lediglich abonnieren. Nur solange das Abo läuft, gibt es Updates, Zugang zum Cloud-Speicher und ähnliches. Hinzu kommt, dass viele der Adobe-Programme proprietäre Dateiformate nutzen, die nur Software dieses Anbieters vollständig unterstützen. Bis Monatsende können Kunden zwar noch ihre Dateien aus der Cloud ziehen, aber sie werden häufig keine Software finden, mit der diese Dateien weiter nutzbar wären.

Regierungsanhänger protestieren gegen Trumps Wirtschaftssanktionen. Bild: Ariana Cubillos/dpa

Der Grund für die Misere ist die Executive Order 13884 des US-Präsidenten Donald Trump. Diese Anweisung richtet sich an Venezolaner und da insbesondere an Unterstützer der Maduro-Regierung. Dieser kämpft seit Monaten mit dem Oppositionsführer Juan Guaidó um die Macht im Land. Die USA und weitere westliche Staaten haben Guaidó als Staatschef anerkannt.

Konkret soll die Trump-Anweisung „fast alle Transaktionen und Services zwischen US-amerikanischen Firmen und Organisationen oder Personen in Venezuela“ unterbinden. Allerdings datiert sie von Anfang August, und es ist unklar, warum Adobe erst jetzt reagiert und wieso das Unternehmen den eigenen Kunden eine enge Frist setzt. Viele andere große Tech-Konzerne interpretieren die Anweisung offenbar anders und bieten ihre Services weiter auch in Venezuela an.

Geld zurück

Zum Kasten: Kommentar

Adobe sah sich zunächst nicht einmal in der Lage, Nutzern bereits gezahlte Abogebühren rückerstatten zu können. Im Prinzip wäre das konsequent, weil Rückerstattungen eben auch „Transaktionen“ sind. Trotzdem hat Adobe seine Haltung geändert: Man werde alle Gebühren am Ende des Monats zurückerstatten, die direkt an das Unternehmen für künftig nicht mehr nutzbare Lizenzen gezahlt wurden, teilte der Konzern mit. Man arbeite auch an einer solchen Möglichkeit für Partnerprogramme und Distributoren.

Es ist unklar, wie Adobe zu seiner Interpretation der Executive Order kommt, obwohl andere Konzerne sich anders verhalten. Möglicherweise gibt es tatsächlich technische oder organisatorische Gründe, die die Firma zu ihrem Verhalten zwingen. Eine diesbezügliche Anfrage von c’t hat Adobe bis Redaktionsschluss nicht beantwortet. (syt@ct.de)